allein bekämpfte, als wir jetzt gegen uns haben; und der seine zehn Jahre
militärischer Ausbildung nicht umsonst hart gearbeitet hat.“
Nicht lange vorher hatte der Prinz ein Schreiben an Bismarck geschickt,
in dem er sich über seine Stellung den übrigen deutschen Fürsten gegenüber
äußerte, wenn bald oder überraschend sein Großvater und sein Vater ge-
storben sein würden. Er entwickelte für diesen Fall folgende Gedanken: an
Alter stehe er hinter beinahe allen lebenden deutschen Bundesfürsten
weit zurück. Menschlich sei ihnen nicht übelzunehmen, ‚‚wenn es ihnen
zum Teil sauer ankommt, unter den neuen, so jungen Herrn zu treten. Daher
muß die von Gottes Gnaden herstammende Erbfolge als ein selbständiges
Fait accompli den Fürsten gegenüber betont werden, und zwar so, daß sie
keine Zeit haben, viel darüber zu grübeln.“
Deshalb wolle er, der Prinz, daß ‚‚die beifolgende Proklamation an jeder
Gesandtschaft versiegelt deponiert und im Falle meines Regierungsantritts
sogleich durch die Gesandten den betreffenden Fürsten übergeben werde“.
Er habe sich planmäßig seit längerer Zeit um Herausbildung eines
freundschaftlichen Verhältnisses mit den Bundesfürsten bemüht. ‚Das
werden Ew. Durchlaucht in dem Passus erkennen, wo von der Unterstüt-
zung durch Rat und Tat die Rede ist, d. h., die alten Onkels sollen den lieben
jungen Neffen nicht Knüppel zwischen die Beine stecken.‘ Er habe öfter mit
seinem Vater darüber gesprochen, und sie seien sehr verschiedener Ansicht
darüber. Dieser meine, er habe nur zu kommandieren, und die Fürsten hätten
zu parieren, während ich die Ansicht vertrat, man müsse die Fürsten nicht
als einen Haufen Vasallen, sondern mehr als eine Art von Kollegen ansehen,
deren Wort und Wunsch man ruhig anhören müsse ; ob man sie erfülle, das
sei etwas anderes! ‚Mir wird es leicht werden, per Neffe und Onkel mit diesen
Herren sie durch kleine Gefälligkeiten zu gewinnen und durch etwaige Höf-
lichkeitsbesuche sie zu kirren (!). Habe ich sie erst von meinem Wesen und
Art überzeugt und mir in die Hand gespielt — nun, dann parieren sie mir um
so lieber. Denn pariert muß werden! Aber besser, es geschieht aus Über-
zeugung und Vertrauen, als gezwungen!“
Bismarck beantwortete die beiden Schreiben des Prinzen in einemeinzigen
umfangreichen ; zuerst den Brief wegen der deutschen Bundesfürsten. Er bat
den Prinzen Wilhelm dringend, die Verschickung jenes Schreibens zu unter-
lassen und das vorhandene Exemplar zu verbrennen. ‚Wenn ein Entwurf
der Art vorzeitig bekannt würde, so würden nicht nur Seine Majestät der
Kaiser und seine Kgl. Hoheit der Kronprinz peinlich davon berührt sein ; das
Geheimnis ist aber heutzutage stets unsicher. Wenn aber über zwanzig Ab-
schriften gefertigt und bei sieben Gesandtschaften deponiert wurden, so ver-
vielfältigen sich die Möglichkeiten böser Zufälle und unvorsichtiger Men-
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