Full text: Von Potsdam nach Doorn.

schen.‘ Auch wenn das nicht der Fall sei, so würde böses Blut bei den Bun- 
desfürsten entstehen, wenn der Entwurf schon vor dem Tode des Kaisers 
und des Kronprinzen redigiert und bereitgehalten werde. 
Bismarck geht dann — man liest seine Sorge zwischen den Zeilen — auf 
die Wichtigkeit und die Rolle der Bundesfürsten ein: 
„Wir wären in der Vergangenheit von nur siebzehn Jahren der Parla- 
mentsherrschaft schon verfallen, wenn die Fürsten nicht fest zum Reich ge- 
standen hätten, und freiwillig, weil sie selbst zufrieden sind, wenn sie be- 
halten, was ihnen das Reich verbürgt; und noch .mehr in Zukunft, wenn der 
Nimbus von 1870 verblaßt sein wird, liegt die Sicherheit des Reichs und 
seiner monarchischen Institutionen in der Einigkeit der Fürsten. Letztere 
sind nicht Untertanen, sondern Bundesgenossen des Kaisers, und wird ihnen 
der Bundesvertrag nicht gehalten, so werden sie sich dazu auch nicht ver- 
pflichtet fühlen, und Anlehnung suchen, wie früher, bei Rußland, Öster- 
reich und Frankreich, sobald die Gelegenheit dazu günstig erscheint, wie 
immer national sie sich auch halten mögen, solange der Kaiser der Stärkere 
ist. So war es seit tausend Jahren, und so wird es sein, wenn die alte Eifer- 
sucht der Dynastien wieder gereizt wird.“ 
Es sei also eine sehr richtige Politik, die den Prinzen veranlasse, sich an 
die Herren Vettern zu wenden, aber er möge dies mit der Versicherung tun, 
daß der neue Kaiser die vertragsmäßigen Rechte der verbündeten Fürsten 
ebenso gewissenhaft achten und schützen werde wie seine Vorgänger. Alles 
müsse vermieden werden, was die Fürsten argwöhnisch machen könne: der 
neue Kaiser werde ihre vertragsmäßigen Rechte einschränken wollen. Im 
selben Augenblick ‚‚wäre der Zauber der nationalen Einheit mit seiner mäch- 
tigen Wirkung auch in Preußens neuen Provinzen und besonders im Aus- 
lande gebrochen“. 
Und — hier geht Bismarck auf das andere Schreiben des Prinzen über — 
„der nationale Gedanke ist auch den Sozial- und anderen Demokratengegen- 
über — auf dem Lande vielleicht nicht, aber in den Städten — stärker als 
der christliche. Ich bedaure es, sehe aber die Dinge, wie sie sind, 
Die festeste Stütze der Monarchie suche ich aber in beiden nicht, sondern 
in einem Königtum, dessen Träger entschlossen ist, nicht nur in ruhigen 
Zeiten arbeitsam mitzuwirken an den Regierungsgeschäften des Landes, 
sondern auch in kritischen, lieber mit dem Degen in der Faust auf den Stufen 
des Thrones für sein Recht kämpfend zu fallen, als zu weichen. Einen solchen 
Herrn läßt kein deutscher Soldat im Stich, und wahr bleibt das alte Wort 
von 1848: Gegen Demokraten helfen nur Soldaten! Priester können dabei 
viel verderben und wenig helfen.“ 
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