Full text: Von Potsdam nach Doorn.

Der Konflikt, den Bismarck nach Königgrätz mit den Generalen und dem 
König hatte, weil diese den Siegeslauf der Armee fortsetzen wollten — 
während Bismarck dem König sagte: Wir haben keines Richteramtes zu 
walten, sondern deutsche Politik zu treiben —, ist zu bekannt, um ihn noch 
ausführlich schildern zu brauchen. 
Dieser Konflikt sei nur erwähnt, um zu zeigen, wie Bismarck klar und un- 
entwegt sein Ziel: die deutsche Einheit, im Auge behielt, die mit ihm 
stand und fiel. Daneben war ihm alles nur Mittel. Es war auch nicht Er- 
oberungslust, die ihn zur Annektierung von Hannover und Hessen und eines 
Teils von Sachsen trieb, sondern die Überzeugung, dal) Preußen seine Auf- 
gabe: der deutsche Einigungspunkt zu werden, nur erfüllen könne, wenn es 
die unbedingte Vormacht in Deutschland wurde. Mit äußerster Beschleuni- 
gung führte er die Friedensverhandlungen mit Österreich, setzte bei dem 
König die mildesten Friedensbedingungen durch, nahm Österreich kein 
Land. Je länger die Verhandlungen dauerten, desto größer würde die Gefahr 
französischer und englischer Einmischung, einer vielleicht verhängnisvollen 
Störung auf dem Wege zur deutschen Einheit werden. In der Zukunft aber 
sah Bismarck als nächstes Ziel ein Bündnis mit Österreich und als Endziel 
die großdeutsche Einung, die erst Adolf Hitler gebracht hat. Deshalb durfte 
nicht durch harte Friedensbedingungen Österreich mit dauernder Bitterkeit 
und Haß erfüllt werden. 
Die Erklärung Bismarcks für seinen revolutionären Schritt ist für ihn 
charakteristisch : In solcher Lage und vor einem solchen Unternehmen heißt 
es: Helfe, was helfen mag! Ist das Ziel erreicht, und zeigen sich die an- 
gewandten Mittel später als schädlich, so muß man sich ihrer wieder ent- 
ledigen! — 
Den gewollten Erfolg erreichte Bismarck 1866. Ob er ihn ohne das all- 
gemeine und gleiche Stimmrecht erreicht haben würde, besonders auch nach 
der innerpolitischen Seite, läßt sich nicht beweisen, weder nach der posıi- 
tiven noch nach der negativen Seite hin. 
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