heiligte Person des allverehrten, verewigten Kaisers in den Staub ziehen.
Möge das gesamte Volk in sich die Kraft fühlen, diese unerhörten Angriffe
zurückzuweisen! Geschieht es nicht, nun, dann rufe ich Sie, um der hoch-
verräterischen Schar zu wehren, um einen Kampf zu führen, der uns be-
freit von solchen Elementen.“
Das war ein Kampfruf, wie er, der Form nach, kaum schärfer sein konnte.
Der Kaiser rief das deutsche Volk auf: zurückzuweisen die Angriffe auf den
verstorbenen Kaiser Wilhelm I. und deshalb den Kampf zu führen.
Nichts sagte der Kaiser von den sozialdemokratischen Beschimpfungen
der Vaterlandsliebe, des nationalen Geistes, der Wehrkraft, der Reichs- und
Staatsführung. Einzig und allein gegen die Beschimpfung seines Großvaters
wandte er sich. Hier zeigte sich besonders prägnant die rein persönliche Auf-
fassung und Beurteilung politischer Vorgänge durch Wilhelm II. Gerade in
diesem Fall hätte er — denken wir uns einen Mann von starkem Willen und
nüchternem furchtlosem Urteil an seiner Stelle — die politische Tragweite
solcher sozialdemokratischen Demonstrationen an sich in ihrer ganzen Rich-
tung und Bedeutung kennzeichnen und seinen festen Entschluß kundgeben
müssen, daß es so nicht weitergehe; daß diesem immer mehr sich ver-
schlimmernden Zustande ein Ende gemacht werden müsse, dann, ohne viel
zu reden: entsprechend handeln.
Anstatt dessen forderte der Kaiser in seiner Tischrede das gesamte Volk
auf, die Angriffe gegen seinen Großvater zurückzuweisen; eine entrüstete
Phrase, weiter nichts! Wie anders sollte das ganze Volk ‚zurückweisen‘ als
durch eine Anzahl von Zeitungsartikeln bürgerlicher Blätter, die heute ge-
lesen und morgen in den Ofen geworfen wurden! Führung war notwendig,
keine Worte ohne Folgen!
Die Sozialdemokratie nutzte voller Freude den Ausdruck: ‚Eine Rotte
von Menschen, nicht wert, den Namen Deutsche zu tragen“, ausgiebig und
auf Jahre hinaus, aus: der Kaiser habe die deutsche Handarbeiterschaft, das
gesamte werktätige Volk damit gemeint und endlich seine wahre Gesinnung
enthüllt. Natürlich hatte der Kaiser nur die sozialdemokratischen Führer
gemeint oder auch nur die betreffenden Artikelschreiber, aber seine Worte
waren gesprochen, und nachträgliche Erklärungen oder Sinnbildungen
konnten nichts ändern. Die Sozialdemokratie aber hatte einmal wieder nach
dem Wort ihres Führers Bebel ein Schweineglück gehabt, indem ihre Gegner
in Deutschland fortwährend die törichtsten Fehler machten.
Zum Verständnis der Lage das Folgende:
Die Sozialdemokratie hatte nach dem Fall des Sozialistengesetzes wieder
ihren Parteitag 1891, zu Erfurt, abhalten können. Ihr Programm wurde, den
Hauptpunkten nach, neu festgelegt, insbesondere die Forderungen:
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