talistischer Wirtschaft, des internationalen Kreditwesens, alles in allem:
der Beginn jener ungeheuren, immer schnelleren und umfassenderen Be-
wegung, in der wir auch heute noch stehen, die die Erde immer kleiner macht,
Menschen, Staaten und Völker immer näher aneinanderrückt und auf-
einander anweist und gegenseitig anregt oder in Konflikte bringt.
Im neunzehnten Jahrhundert hat man, und mit Recht, den ‚Weltbürger‘,
den Kosmopoliten verhöhnt und bekämpft. Im achtzehnten und noch einige
Jahrzehnte nachher aber war der ‚Weltbürger‘ auf deutschem Boden eine
aus der Zerfahrenheit der deutschen Verhältnisse normal hervorwachsende
Erscheinung, ebenso wie der ‚‚Weltweise‘“
Damals schon spielte der jüdische Einfluß eine große Rolle. Um die Mitte
des achtzehnten Jahrhunderts schrieb Lessing sein erstes Stück: ‚Der
Jude‘, das zum Helden den edlen Juden hatte. Die Judenfrage war über-
haupt ins Rollen gekommen, lange bevor die Französische Revolution den
Juden Frankreichs die staatsbürgerlichen Rechte gegeben hatte. Auch unter
allen ihren Zwangsbestimmungen waren Macht und Einfluß der Juden ge-
stiegen und stiegen weiter, in erster Linie der reichen Juden, die ja von seiten
der Landesherren, auch Friedrichs des Großen, pfleglich behandelt wurde:
weil sie „Geld ins Land brachten, den Handel belebten‘ und als Bankie'-
vom Staat benutzt wurden. Die reichen Juden förderten dann begabte Volks-
genossen, die die jüdische Propaganda wirksam machen konnten. Der
hervorragendste derartige Typ des achtzehnten Jahrhunderts war Moses
Mendelssohn, ‚der Weltweise‘‘, der jüdische Sokrates, wie Goethe ihn ver-
spottete; er hat, weit über die Grenzen Preußens hinaus, einen gewaltigen
Einfluß auf das deutsche Bürgertum ausgeübt zuguhsten der Stellung der
Juden in jeder Richtung, besonders auch geistig. In ähnlichem Sinne wirkte,
hauptsächlich auf das Bürgertum, die später so genannte ‚deutsche Auf-
klärung‘, in Gestalt eines entsetzlich trockenen, flachen Rationalismus,
dem, von der anderen Seite her, der jüdische Rationalismus be-
gegnete. Die ‚deutsche Aufklärung‘‘ war ein sehr schwacher Aufguß der
französischen ; große produktive Geister hat sie nicht aufzuweisen gehabt.
Die französische Aufklärung wurde von den Landesfürsten, natürlich mit
der großen Ausnahme Friedrichs, bei lebhaftem Eifer der evangelischen
Geistlichkeit, ängstlich unterdrückt. Sie sickerte nur spärlich durch. Einen
Teil dessen, was das französische Volk ım achtzehnten Jahrhundert erlebte,
hatten die Deutschen vorher, auf ihre’ Weise, in Gestalt der Reformation
erlebt. Die geistigen Früchte aber waren durch den Dreißigjährigen Krieg
und durch die Zeit, die ihm folgte, wenn nicht verlorengegangen, so doch ver-
trocknet. Religiös und geistig freilich war das die „Zeit nach Luther‘ Der
überragende große Geist Leibniz war in die Bevölkerung nicht gedrungen,
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