Full text: Von Potsdam nach Doorn.

konnte gehen; es war auch mit der englischen Freundschaft vorbei! Als neu 
kam hinzu, daß nach dem zweiten Kanzlerwechsel der neue Reichskanzler, 
Fürst Hohenlohe, vorsichtig bestrebt war, die Beziehungen zu St. Peters- 
burg wieder zu bessern; freilich, das Verlorene konnte er nicht wieder- 
schaffen, aber schon diese Versuche riefen Unzufriedenheit in England 
hervor. 
Im sechsten und siebenten Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts 
waren in den südafrikanischen Staaten, der Transvaal-Republik und dem 
Oranje-Freistaat, Goldfelder und Diamantenfelder entdeckt worden. Seit- 
dem ging Großbritannien darauf aus, die beiden Burenstaaten zunächst ab- 
hängig zu machen, um sie schließlich zu verschlucken. Dies wurde beinahe 
anderthalb Jahrzehnte hindurch auf verschiedene Weise vergeblich ver- 
sucht. Dann, 1881, kam zwischen Großbritannien und den Burenrepubliken 
ein Vertrag zustande, der den letzteren die Suveränität der Königin von 
England aufnötigte, ihre vorher unbedingte Unabhängigkeit also entschei- 
dend einschränkte. Der Präsident Krüger erblickte hierin den ersten Schritt 
zur vollständigen Freiheitsberaubung und reiste 1884 nach Berlin, um dort 
um eventuelle Hilfe zu bitten. Er wurde vom Kaiser und Bismarck sehr 
freundlich empfangen und hielt eine Tischrede mit der Bemerkung: wenn es 
einem Kind schlecht gehe, so sähe es sich nach Hilfe um, und so bitte er den 
Deutschen Kaiser um Hilfe für die Buren, falls es diesen einmal schlechtgehen 
sollte. Auf diese Bitte erhielt der südafrikanische Präsident keine Antwort, 
mußte also seitdem wissen, daß er auf eine deutsche Hilfe nicht rechnen 
könne. England verfolgte seine südafrikanische Politik planmäßig weiter, 
auch in der Form, daß die ‚‚Britisch- Afrikanische Gesellschaft‘‘ unter Cecil 
Rhodes die Burenrepubliken von allen Seiten geographisch einkreiste. Für 
diese Politik erschien Deutsch-Südwestafrika als besonders hinderlich, und 
Rhodes verhehlte nicht sein Mißfallen, daß dieses Gebiet Deutschland ge- 
hörte. So entwickelte sich zwischen den Burenrepubliken und der deutschen 
Kolonie ein gewisses Gemeinsamkeitsgefühl, und die deutsche Regierung ließ 
sich auf diese Politik so weit ein, daß 1895, am Geburtstage des Kaisers, der 
deutsche Generalkonsul den burischen Gästen sagte: er hoffe, der Präsident 
Krüger wisse nunmehr, daß Deutschland ein wirklich aufrichtiger Freund 
sei. Deutsch-Südwestafrika kenne kein größeres politisches Interesse, als die 
Transvaal-Republik in der Erhaltung des politischen Gleichgewichts in Süd- 
afrika zu unterstützen. Krüger antwortete mit gerührtem Dank. 
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