Full text: Von Potsdam nach Doorn.

der, mit Affen und Pfauen im Hintergrunde, seine Ehrfurcht bezeigt und 
Tributpflicht für die Zukunft gelobt. Der chinesische Prinz Tschun verlas 
einen Brief des Kaisers yon China, der Kaiser antwortete in feierlicher 
Strenge, aber mit dem Ausblick auf Verzeihung —- und auch dieses letzte 
Satyrspiel des Chinatheaters war zu Ende. Und Waldersee mit dem Mar- 
schallstabe kehrte still zurück. 
Als die Russen begannen, ihre mandschurische Bahn zu bauen, sagte der. 
bedeutendste der chinesischen Vizekönige, Li Hung Tschang, zu dem rus- 
sischen Außenminister Witte: ‚Wir Chinesen können euch Russen, an- 
gesichts unserer Schwäche, nicht hindern, die Bahn durch unser Land zu 
bauen, aber denken Sie an meine Worte später: euere Bahn baut ihr lediglich 
für den Japaner.‘ Die Voraussage dieses schlauen und weisen Staatsmannes 
verwirklichte sich schon durch den Japanisch-Russischen Krieg 1904/05. 
Nicht Deutschland, nicht Frankreich, sondern England allein begriff 
damals, daß Japan die kommende Macht des Fernen Ostens sei. Die briti- 
schen Staatsmänner waren der Überzeugung, daß ihnen Japan für absehbare 
Zeit im Fernen Osten nicht unangenehm oder gar gefährlich werden könne. 
Eben damals hätte Deutschland mit Japan und Großbritannien vielleicht 
vorteilhaft zu einer Ost-Verständigung gelangen können, ohne mit Rußland 
zu brechen. Bülow aber gab in einer Reichstagsrede der russischen Ex- 
pansion nach der Mandschurei ausdrücklich freie Hand, was nach englischer 
Ansicht dem vorher beschlossenen englisch-deutschen Jangtse-Abkommen 
zuwiderlief. Ob der Kaiser und sein Kanzler die große und in gewissem Sinne 
entscheidende Bedeutung dieser ihrer Stellungnahme erkannt haben, muß 
man bezweifeln. Maßgebend war für ihren Schritt die feste Überzeugung, 
daß die neu auftretende Militärmacht Japan mit Sicherheit von den Russen 
zu Lande und zur See geschlagen werden, jedenfalls unter keinen Umständen 
die Groß- und Weltmacht Rußland besiegen würde. 
Wieder ereignete sich, was während der Regierung Wilhelnas II. zu einer 
beinahe nie durchbrochenen Regel geworden war: immer setzten er und seine 
Ratgeber auf die unrichtigen Pferde. 
Rußland wurde geschlagen und verlor seine Stellung in Ostasien, Japan 
wurde durch seinen Sieg anerkannte 'Großmacht, auch auf dem ostasia- 
tischen Festland. Deutschlands Verhalten hatte den alten Gegensatz noch 
verschärft. Wilhelms II. sehr freundlich-neutrale Haltung gegenüber Ruß- 
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