könnte einwenden, daß der Bau der deutschen Flotte an sich schon genügend
für die anderen, hauptsächlich die angelsächsischen Staaten gewesen sei,
un ihre deutschfeindliche Propaganda vollauf zu nähren. Ebenso wie das
Zunehmen des deutschen Handels würde jene Propaganda gewiß auch den
Flottenbau an sich ausgenutzt haben. Zugegeben! Hätte der Deutsche
Kaiser aber jene überheblichen und unsinnigen Reden nicht gehalten, so
würde die ausländische Propaganda niemals Wilhelm II. selbst als Beweis
für ihre eigenen Lügen haben anführen können. In Deutschland weiß man
heute besser als damals, was Propaganda bedeutet, und eine wie starke
Waffe sie sein kann.
Um so besser wissen wir auch, wie ungeheuer der Kaiser geschadet hat,
und wieviel eine überlegte deutsche Propaganda sonst hätte nützen können;
aber in Deutschland gab es damals so etwas nicht.
Den einzigen großen Zug in der Regierungszeit Kaiser Wilhelms II. be-
deutet die Seemachtpolitik, deren Grundgedanke, organisatorisch, mili-
tärisch und politisch, das geistige Eigentum des Großadmirals von Tirpitz
gewesen ist. Ein Verdienst Wilhelms 11. ist es gewesen, daß er diesen Mann
hat gewähren lassen, freilich ist dieses Wort zu positiv, denn oft genug mußte
der Staatssekretär des Reichsmarineamts schwere Kämpfe ausfechten,
wenn unberufene Ratgeber dem Kaiser beigebracht hatten, Tirpitz befinde
sich auf falschem Wege. Äußerungen des Kaisers, der Admiral habe auch
nach seinen Befehlen die deutsche Seemacht aufgebaut, sind, nur äußerlich
betrachtet, insofern richtig, als der Kaiser selbstverständlich auf Vorschläge
des Marinestaatssekretärs seine formale Genehmigung geben mußte.
Nicht begriffen hat der Kaiser, wie gesagt. daß ein so großes und folgen-
reiches Unternehmen wie der Aufbau einer beträchtlichen deutschen See-
macht in weit höherem Maße, als es geschehen ist, für die Führung der
deutschen Außenpolitik hätte maßgebend sein müssen. Der Flottenbau war,
eine solche Politik vorausgesetzt, ohne Krieg durchführbar. Die Orient-
politik des Kaisers war nicht durchführbar, trotz aller Opfer, die ihr von der
Führung der Außenpolitik des Reiches gebracht wurden und noch gebracht
worden wären. Nur in einem Falle hätte man sich ein Gelingen des deutschen
Orientplanes denken können, nämlich nach der Verwirklichung des Flotten-
bauplanes: ein Umgekehrt war nicht möglich, sonst wäre es in bestem Falle
als internationales Bankunternehmen unter großbritannischer Machtkon-
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