los der Preuße und der Deutsche nicht zu leben vermag. Allein wir dürfen mit
Zuversicht vertrauen: Gott und unser fester Willen werden unserer ge-
rechten Sache den Sieg verleihen, mit ihm einen sicheren, glorreichen Frie-
den und die Wiederkehr einer glücklichen Zeit.
Breslau, den 17. März 1813. Friedrich Wilhelm“
Wort und Geist dieses Aufrufs durchdringen sich mit dem preußischen wie
mit dem deutschen Element nicht ganz gleichmäßig, das war für die da-
malige Zeit selbstverständlich, für deri König wie für sein preußisches Volk.
Preußens Befreiung und den unbegrenzten Einsatz jedes Preußen galt es für
diesen Krieg, also mußte in dem Aufruf das preußische Element an aller-
erster Stelle stehen und überwiegen. Aber gleich die ersten Worte: für mein
treues Volk als für Deutsche — beweisen das Gefühl, daß das Preußentum
auf dem Deutschtum steht und der Preuße zugleich ein Deutscher ist. Daß
dies damals nicht selbstverständlich war, lehrt ein Blick auf die Rheinbund-
Fürsten. Und zweimal noch kehrt die Verbindung wieder: ‚wenn wir nicht
aufhören wollen, Preußen und Deutsche zu sein‘ und: ‚weil ehrlos der Preuße
und der Deutsche nicht zu leben vermag“.
Dasselbe in dem Aufruf: ‚An mein Kriegsheer!‘:
Der König und die Prinzen würden stets bei der Armee bleiben ... , „sie
und das ganze Volk werden kämpfen mit euch und an unserer Seite!“
Von dem Aufruf sagten schon damals hervorragende Persönlichkeiten: so
habe noch niemals ein Herrscher mit seinem Volke gesprochen, Es ist nicht
übertrieben. Friedrich Wilhelm III. sprach nicht als Herrscher der da-
maligen Zeit aus den Wolken nach unten, sondern als Führer. Er war seiner
Natur nach kein Führer; aber er empfand damals die Solidarität des Herr-
schers mit seinem preußischen Volk. Die Größe des Unterschiedes in der
Sprache tritt besonders hervor, wenn wir daran denken, wie Friedrich der
Große sogar zu seinen Generalen sprach, z. B. vor der Schlacht von Leuthen.
Sein Heer bedeutete nicht das Volk, sondern die Soldaten, die nichtsanderes
waren, sein wollten und sein sollten, eben als Soldaten. Er teilte alles mit
ihnen, auch, führend, die Gefahr, und sein Wort: ‚Wollt ihr denn ewig
leben!‘ wendet er genau ebenso auf sich selbst an. Aber ein Volkskampf
waren seine Kriege nicht, und er selbst empfand sie auch nicht als einen
solchen.
Für Friedrich Wilhelm den Dritten war der Befreiungskrieg keiner, ‚um
den die Kronen wissen‘.
In dem Aufruf: ‚An mein Volk !“, dem der König während der Befreiungs-
kriege in seinem ganzen Wesen und mit seinen Söhnen phrasenlos treu blieb,
tritt, ohne daß es ausdrücklich in dem Aufruf gesagt worden wäre, die große
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