Full text: Von Potsdam nach Doorn.

amerikanisieren, und auch in seinem Inneren, wenn er eins hatte. Sein Gruß 
begann mit: Hallo!, er setzte sich den Hut ‚amerikanisch‘ ins Genick und 
gestattete sich um Mittag nur zwanzig Minuten zum ‚‚Quick-Lunch‘“, konnte 
ohne fortwährenden Gebrauch des Wortes: ‚well‘ sein tägliches Leben nicht 
ertragen. Besuch ‚‚prominenter‘‘, also reicher Bewohner der Vereinigten 
Staaten wurde in Deutschland besonders begrüßt als ein Zeichen, daß der 
große transatlantische Geldmacher begonnen habe, das moderne Deutsch- 
land geschäftlich zu ästimieren. Was gab es Ehrenvolleres! 
Der erste Geschäftsmann 
Der Deutsche Kaiser empfing mit Vorliebe amerikanische Geldleute. Er 
wußte, daß sie ihm nachher ein großes Echo in ihrem Lande bilden würden. 
Um das Jahr 1905 empfing er auch den geschäftlichen Vertreter der ‚New- 
yorker Staatszeitung‘‘, ein Glied der bekannten amerika-deutschen Familie 
Ridder, die sich übrigens mit ihrem Blatt stets charakterlos und bei Krisen 
deutschfeindlich benommen hat. — Mister Ridder erklärte nach seiner 
Unterhaltung mit dem Kaiser einem deutschen Zeitungsmann, der ihn 
„interviewte‘‘, er erblicke im Deutschen Kaiser vor allem einen hervor- 
ragend tüchtigen Geschäftsmann. Dieses herrliche Lob wurde unter den 
wichtigen Weltereignissen des Tages von der einschlägigen Presse mit höch- 
stem Wohlgefallen registriert: wie erfreulich es sei, daß die Modernität un- 
seres Kaisers vom scharfen Blick des geschäftskundigen Deutschamerikaners 
sofort erkannt worden sei. Das war doch einmal schmeichelhaft und dabei 
so ehrlich und freimütig im Munde eines prominenten Bürgers der freiesten 
aller Republiken! 
In unserer Zeit des Nationalsozialismus braucht man nicht mehr darum zu 
streiten, ob Geschäftstüchtigkeit an sich ein Kompliment bedeute, vollends 
für einen deutschen Kaiser. Die Wirklichkeit aber lag genau umgekehrt: 
Wilhelm II. war alles eher als ein Geschäftsmann; als modernster Kaiser 
aber hörte er besonders gern, wenn man ihn dafür erklärte, besaß auch eine 
besondere Hochschätzung dem großen oder ‚groß‘ auftretenden Geschäfts- 
manı gegenüber. Er ließ sich in beflissener Gesellschaft ‚Aufträge‘ für die 
Majolikafabrik auf seinem Gute Kadinen erteilen und notierte dieselben 
„Kkaufmännisch‘“ auf seine Manschette. Schon damals war ziemlich allgemein 
bekannt, daß er besonders erfreut war, wenn man ihm auf dem geschäft- 
lichen Gebiet geniale Anlagen und Kenntnisse zusprach. In derselben Linie 
und in derselben Berechnung lag es, wenn jüdisch inspirierte deutsche 
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