drücklich, indem ich Ew. Majestät an jenen Vortrag erinnere, daß die Lage
jetzt keine andere ist — momentan sogar eine noch erregtere und nervösere.
— Wer etwa Ew. Majestät zum Krach raten sollte, ist entweder ein jämmer-
licher politischer Stümper, oder er ist malafide, das heißt er sagt sich: kommt
es zu toll, dann verliert Seine Majestät die Nerven, geht nach Hubertusstock
und läßt X., Y., Z. walten, wie die wollen. — Nein, Ew. Majestät, ich halte
an dem Glauben fest, daß unsere letzte Unterhaltung noch die Basis von Ew.
Majestät innerer Politik ist! Weder am Reichstag noch an dem Ministerium
Hohenlohe ist es gut zu rühren, solange die Reichsboten zusammen sind —
und auch später nicht. Das Deutsche Volk würde Ew. Majestät nicht ver-
stehen.‘“‘
Der andere Brief Eulenburgs an den Kaiser, den Holstein rühmt, lautete
folgendermaßen:
„Nicht verschweigen kann ich Ew. Majestät --- und ich weiß, daß ich auch
unangenehme Dinge sagen darf, ohne den Zorn des gütigsten und besten
Kaisers zu gewärtigen —, daß die letzte Rede Ew. Majestät wesentlich dazu
beigetragen hat, die Situation hier (in Bayern. D. V.) zu verschlimmern und
den Partikularisten Wasser auf die Mühle zu bringen.
Die große Redegewandtheit und die Art und Weise Ew. Majestät übe:
auf die Zuhörer und Anwesenden einen bestrickenden Einfluß, wiedieses
die Haltung unter den Brandenburgern nach der Rede Ew. Majestät wieder
bewiesen hat. Bei der kühlen Beurteilung des Inhalts ergibt sich aber unter
den Händen des deutschen Professors ein anderes Bild. Über die Zeiten, daß
man an einem Kaiserwort nicht deuteln soll, sind wir hinaus — schon des-
halb, weil auch Ew. Majestät mit den Kaiserworten anders umgehen und
ihnen zu viel und zu häufige Publizität geben. Hier in Bayern sind die Leute
geradezu außer sich, wenn Ew. Majestät als ‚Markgraf‘ sprechen und die
‚Markgrafenworte‘ im ‚Reichsanzeiger‘ stehen —- quasi als Kaiserworte.
Im ‚Reichsanzeiger‘ wollen die Reichsangehörigen Kaiserworte hören —
auch nichts von Friedrich dem Großen (von dem sie nur zu gut wissen,
daß er sagte: la Baviere est un paradis habite par des animaux, und
anderes noch), auch nichts von Roßbach und Leuthen. Darum ist alles tief
verstimmt.‘
Daß Ratschläge gerade solcher Art auf den Kaiser ohne Einfluß blieben,
und daß es schon sehr viel war, wenn der Kaiser derartige Briefe las, oder
mündlichen Ratschlägen überhaupt zuhörte, ist eine Sache für sich. Hier
kommt es lediglich darauf an, daß Eulenburg nicht der Schmeichler und
nicht der Mann war, welcher dem Kaiser immer nach dem Munde geredet
hätte.
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