Full text: Von Potsdam nach Doorn.

angedeutet worden. Auch in seinem Buch sagt Wilhelm II. nichts davon und 
hütet sich, nachträgliche Erwägungen gerade darüber anzustellen. Er hat 
am 9. November und vorher die Gefahr für die Monarchie nur von seinem 
persönlichen Standpunkt und für diesen betrachtet. ‚Ein Nachfolger Fried- 
richs des Großen dankt nicht ab‘, hieß es stolz und ‚‚wilhelminisch‘‘ aus 
seinem Munde an den bayerischen Bundesratsbevollmächtigten. Als die 
Dinge dann zur Entscheidung drängten, ihren bekannten Verlauf nahmen, 
hieß es für den Kaiser immer nur: was ist für mich das Gegebene, und die 
schließliche Entscheidung für den Nachfolger Friedrichs des Großen brachte 
die Frage: Ist meine persönliche Sicherheit gewährleistet oder nicht ? 
Die Furchtbarkeit und Schwierigkeit der Lage des Kaisers soll nicht baga- 
tellisiert, aber ebensowenig kann zugegeben werden, daß seine monarchischen 
Pflichten, seine Pflichten als Kaiser und als König und seine Verantwortung 
gegenüber dem deutschen Volk, im besonderen den Anhängern des Kaiser- 
tums und der Monarchie, mit dem Augenblick zu Ende gewesen wären, als 
der Feldmarschall erklärte, er könne für die Sicherheit des Kaisers keine 
Garantie übernehmen. — 
In einer Versammlung während des Winters 1918/19 für die bevor- 
stehenden Wahlen zur ‚Nationalversammlung‘ erklärten konservative 
Redner im Tone feierlicher Mahnung: den Kaiser dürften wir in seiner Ver- 
bannung nicht verlassen. Darauf meldete sich ein heimgekehrter Front- 
soldat zum Wort und sagte: ‚Nicht wir haben den Kaiser verlassen, sondern 
er hat uns verlassen!‘ Das war die wachsend sich verbreitende Stimmung 
und Erkenntnis in der Bevölkerung, die weiter zu König und Kaiser und 
Monarchie gehalten haben würde, wenn der Kaiser im Lande geblieben wäre, 
wenn er gesagt und demgemäß gehandelt hätte: ‚Ich vertrete meine Pflicht 
und mein Recht, ich danke nicht ab, ich verzichte nicht, gleichgültig, was 
man in Berlin verkündet hat, macht, was ihr wollt, sperrt mich ein, schlagt 
mich tot!“ 
Dann wäre die Monarchie vielleicht mit Gewalt beseitigt worden, aber sie 
wäre durch ein anständiges, ruhmvolles Ende trotzdem als Gedanke und 
Ziel geblieben, hätte auch fernerhin einen ideellen Kraftmittelpunkt ge- 
bildet und wäre eine Hoffnung geblieben. Immer wieder hätte die monar- 
chische Überlieferung dann anknüpfen und die Monarchie wieder leben 
können; der Faden wäre nicht abgerissen gewesen. — Aber so! 
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