Full text: Von Potsdam nach Doorn.

nahme auf das Ausland war für den König charakteristisch, augenscheinlich 
der Furcht entsprungen, als rückständig zu gelten — und von Juden ge- 
warnt, was für Gefahren ihm und seinem Lande daraus entstehen könnten. 
Napoleon hatte um das Jahr 1808 den Juden selber und damit die jüdische 
Gefahr erkannt. Nur seine fortwährenden Kriege hinderten ihn daran, die 
Emanzipation weitgehend zurückzunehmen. Gleichwohl wurde er, wider 
Willen, zu ihrem Bahnbrecher. In allen Ländern und Gebieten, wo die Re- 
volutionsarmeen sich zu Herren machten, wurden die Beschränkungen der 
Juden aufgehoben, und wenn auch nach dem Zusammenbruch derNapoleo- 
nischen Herrschaft jene Neuordnung ganz oder teilweise zurückgenommen 
wurden, waren doch die Spuren nicht zu beseitigen, und die Position der 
Juden für ihre fernere Kampfführung blieb erweitert und befestigt. 
Schon gegen Ende des alten Jahrhunderts hatten sich in Berlin jene be- 
rüchtigten jüdischen ‚‚Salons‘ zu einer höchst einflußreichen Macht heraus- 
gebildet. Diese hauptsächlich in Berlin konzentrierte, reiche jüdische Ober- 
schicht hatte durch den der vorherigen Generation angehörigen Moses 
Mendelssohn begriffen, von wie entscheidender Wirkung es sei, wenn sie sich 
mit der deutschen Sprache völlig vertraut machte und folgerichtig mit der 
deutschen Kultur. In der Tat konnte es damals in der Glanzzeit der deut- 
schen Dichtung und Philosophie kaum einen günstigeren Augenblick für die 
Juden geben, um in der allgemeinen Atmorphäre des ‚Menschheitsgedan- 
kens‘“ sich, wie wir heute sagen würden: in die deutsche Kultur einzuschal- 
ten. So gelangte jenes jüdische Intellektuellentum — immer gestützt und 
gefördert durch die reichen Juden: Bankleute, frühere Kriegslieferanten, 
Händler usw. — zu einem geistigen Einfluß und zu einer Stellung in der Ge- 
sellschaft, die sich schnell zu einer geistigen Macht aufschwang und zugleich 
ihren korruptiven Einfluß durch ihren Reichtum in den maßgebenden Ge- 
sellschaftskreisen übte. 
An der Spitze des preußischen Staates stand als Staatskanzler Fürst 
Hardenberg. 
1812 erfolgte das sogenannte Hardenbergsche (genannt nach dem juden- 
freundlichen preußischen Staatskanzler) Edikt, die erste gesetzliche Grund- 
lage für die Juden auf ihrem Wege zur vollkommenen staatsbürgerlichen 
Gleichberechtigung, der freilich länger sein sollte, als sie damals dachten. 
Dieses Edikt gab den Juden im großen und ganzen folgendes: Alle bis- 
herigen Bestimmungen über die Juden seien hiermit aufgehoben; die in un- 
seren Staaten jetzt wohnhaften, mit Generalprivilegien, Naturalisations- 
patenten, Schutzbriefen und Konzessionen versehenen Juden und deren 
Familien sind als Inländer und preußische Staatsbürger zu achten ; sie sollen 
gleiche bürgerliche Rechte und Freiheiten mit den Christen genießen. Sie 
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