Full text: Von Potsdam nach Doorn.

erhob, so waren das die Burschenschafter von 1815 und ebenso die Jugend 
von 1840 und später. Sie wollten: eine deutsche Freiheit, und alles be- 
seitigen, was dieser im Wege stand. Ob und wann sie da irrten, ist in diesem 
Zusammenhange nicht hauptsächlich ; um so mehr, daß sie zwar forträumen 
wollten, aber lediglich, um Platz zu machen: für einen deutschen Bau. 
Wir alle wollen ja Freiheit, sagten die Juden den Burschenschaftern und 
anderen Patrioten der Zeit, wir wollen dasselbe, also ist euer Kampf auch der 
unsere, die wir preußische, bayrische usw.Staatsbürger sind. Dasselbe sagten 
alle, die Kommunisten, Anarchisten, offene oder heimliche Vertreter der 
Freimaurerei. Alles rief: ‚Freiheit.‘ — Und die, die ihren Ruf aufrichtig 
und deutsch und egoistisch meinten, wurden zum Mittel aller derjenigen, die 
Umsturz und Vernichtung anständiger und vaterländischer Autoritäten sich 
zum Ziel gesetzt hatten. — Diese grausam-tragische Vermischung hat viel 
Unrecht und Unheil im Gefolge gehabt. 
Die beiden Friedrich Wilhelm 
Im Jahre 1840 starb König Friedrich Wilhelm III. Das Urteil über ihn 
ist wohl nie zwiespältig gewesen, weder seine gründliche Rechtschaffenheit 
und persönliche Reinheit noch seine Einfachheit, noch sein hingebendes 
Streben, dem Wohl seines preußischen Volkes zu dienen, jemals bezweifelt 
worden. 
Ein Führer war der Großneffe Friedrichs des Großen nicht gewesen. Die 
Kraft zum Entschluß mangelte ihm zwar nicht ganz; aber sie wurde erst 
nach langer Zeit stark genug zum Treffen von Entscheidungen und nie- 
mals — ohne daß bedeutendere und entschlußstärkere Männer,-als er, ihn 
trieben — oft erst, nachdem kostbare Zeit vergangen war, solange die Ent- 
schlußfähigkeit des Königs stärker war als die Möglichkeiten ihres Drängens. 
Man hat den König mit Recht schon während seiner Lebzeiten als fried- 
liebend anerkannt, und daß er das kräftige, wirtschaftliche Gedeihen Preu- 
ßBens und damit der kleineren Staaten um Preußen gefördert, jedentallsnicht 
gehindert habe. Treitschke tadelt leise, daß Friedrich Wilhelm, als einziger 
der bisherigen Könige von Preußen, das preußische Land, mit seinen un- 
natürlichen Grenzen, nicht gemehrt, sondern — an Umfang gemindert — 
seinem Nachfolger hinterlassen habe. 
Dieser Tadel, diesem König gegenüber, schien kaum gerechtfertigt, höch- 
stens in Gestalt des Vorwurfs, daß er diejenigen Persönlichkeiten — die von 
den Verhältnissen gefordert wurden — nicht zu seinen Ratgebern machte, 
wie es nötig gewesen wäre. 
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