DRITTER ABSCHNITT
Von Mehrheitsbeschlüssen
zu Blut und Eisen
1848
Am 24. Februar 1848 brach in Paris aufs neue die Revolution aus, der
König trat zurück — nur zwei Stunden darauf wurde die Republik ausgeru-
fen. In Berlin war man völlig überrascht. Das Organ der preußischen Re-
gierung, die „Allgemeine Preußische Zeitung‘, veröffentlichte am, 2. März
die folgende Auslassung mit dem naiven Anfang:
„Die neuesten Ereignisse in Paris sind mit solcher Schnelligkeit gefolgt,
daß kaum unsere Gedanken mit ihnen gleichen Schritt zu halten vermochten!
Zwei Tage genügten für den Übergang von der konstitutionellen Monarchie
mit einem konservativen, von einer starken parlamentarischen Majorität
getragenen Ministerium — über die Versuche eines zweiten konservativen,
dann eines radikalen Ministeriums, endlich einer, nicht einmal ephemeren,
Regentschaft — bis zur Proklamation der Republik und Vertreibung der
Königsfamilie.‘
In dieser schnellen Verwandlung der Szene erkenne die preußische Re-
gierung nur zweı Fäden: Untreue und rohe Gewalt. Das Blatt fragte: ‚Wird
die Revolution auch anderswo neue Triumphe feiern ? Wird der Taumel des
Volks in Raserei ausarten, oder werden die Halbtrunkenen in dem Spiegel
Frankreichs ihre eigene Zukunft erblicken, zur Besonnenheit kommen und
umkehren auf der leichtsinnig betretenen Bahn ?“
Mit diesen bescheidenen Fragen meinte das offiziöse Blatt die schon seit
längerer Zeit in Süddeutschland und im Westen ziemlich allgemein bro-
delnde Gärung.
‚Was aber wird Deutschlands, was Preußens Aufgabe in dieser ernsten
Zeit sein ? Vor allem rufen wir den deutschen Fürsten und Stämmen zu:
Seid einig und stark.“ — Man fürchtete einen Krieg mit Frankreich und eine
Wiederholung der französischen Kriegsdrohung von 1840 und hoffte auf eine
gleiche abwehrbegeisterte deutsche Stimmung wie damals: „Sie sollen ihn
nicht haben, den freien deutschen Rhein!“
Am 1. März, also einen Tag früher schon, veröffentlichte der Frankfurter
Bundestag eine Kundgebung:
6 Reventiow: Von Potsdam nach Doom 81