Full text: 180 deutsche Musteraufsätze.

gebrauchsfähig bleiben, und wenn er diese vor dem Rost der Träg- 
eit und des Nichtstuns schützt, so wird ihm der Lohn in der Er- 
reichung seines Perles sicher sein. ** 
Es sollte daher jeder Kamerad, wie jeder andere Mensch unser 
Sprichwort so recht seinem Gedächtnis einprägen. Bei keinem der 
ersteren sollte es als Ansporn auf dem Stundenplan fehlen. Denn 
wie das ungebrauchte Eisen verrostet und wertlos wird, so wird 
auch der Träge und Faule ein untergeordnetes Glied der mensch- 
lichen Gesellschaft bleiben. 
161. Es ist leichter, im Unglück den Mut zu bewahren als 
im Glück bescheiden zu sein. 
Gedankengang: 
I. Einleitung: Unglück und Glück, zwei verschiedene Schicksalswege 
des Menschen. 
II. Ausführung: 
1. Warum bewahrt der Mensch im Unglück seinen Mut? 
2. Warum ist der Mensch im Glück unbescheiden? 
3. Warum ist das erstere leichter als das letztere. 
III. Schluß: Es ist leichter, im Unglück den Mut zu bewahren als 
im Glück bescheiden zu sein. 
Ausführung: 
Die Sprichwörter und Sinnsprüche des deutschen Volkes sind 
zum Teil auf eine Reihe von erfahrungen beruhende Behauptungen, 
zum Teil atmen sie eine Fülle von Lebensweisheiten, die jedem 
Menschen zur Richtschnur seines Handelns dienen sollte. Auch unser 
als Thema gegebener Sinnspruch ist eine Behauptung, in dem zwei 
Eigen chaften es Menschen beleuchtet sind. Welches sind nun die 
Triebfedern, die den Menschen so handeln lassen? 
Warum bewahrt der Mensch im Unglück seinen Mut? Um diese 
Frage beantworten zu können, müssen wir den Daseinszweck des 
Menschen feststellen. Wie alles Lebende in der Natur, so hat auch 
der Mensch die natürliche Pflicht, zur Erhaltung seines Geschlechts 
beizutragen. Nicht immer wird 4 die Erfüllung dieser Pflicht 
leicht gemacht; denn feindliche Mächte stellen sich ihm entgegen und 
drohen, ihn zu verderben. Diese feindlichen Mächte können sein: 
seine eigenen Mitmenschen, Tiere, Naturerscheinungen und nicht zum 
wenigsten Schicksalsschläge; sie alle wollen den Menschen an der Er- 
füllung dieser Pflicht hindern. Er nimmt nun den Kampf auf und 
führt ihn meistens siegreich durch. Noch mehr als diese Pflicht hilft 
ihm aber die Liebe zum Leben selbst, den Mut zu haben, seinen 
Feinden und dem Unglück zu trotzen; denn jeder Mensch ist sich be- 
wußt, daß, wenn er unterliegt, für ihn alles vorbei ist. Da er 
ferner aus Erfahrung weiß, daß Unglück und Gefahr wieder vorüber- 
gehen, so stählt ihm die frohe Hoffnung auf bessere Zeiten den Mut 
und verhilft ihm zum Sieg. Das schließt aber nicht aus, daß auch 
viele Menschen den Mut nicht haben, dem Unglück ins Auge zu
	        
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