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5. Ein Werk der Tonkunst, das bis zu dem Inkrafttreten der Überein-
kunft gegen öffentliche Aufführung mangels eines diese untersagenden
Vermerkes nicht geschützt war, kann auch künftig ohne Einwilligung
des Urhebers öffentlich aufgeführt werden, wenn der Aufführende Parti-
turen oder Notenblätter benutzt, die einen Verbotsvermerk nicht tragen
und die sich bereits vor dem Inkrafttreten der Übereinkunft in seinem
Besitze befanden.
6. Ist vor dem Inkrafttreten der Übereinkunft ein Werk in Deutschland
erlaubterweise im Wege der Kinematographie oder eines ihr ähnlichen
Verfahrens wiedergegeben worden, so bleibt für den Bearbeiter sowie
für diejenigen, welche die Wiedergabe erlaubterweise verbreitet oder auf-
geführt haben, die Befugnis zur Vervielfältigung, Verbreitung und
öffentlichen Vorführung dieser Wiedergabe unberührt. Das Gleiche
gilt zu Gunsten derjenigen, welche ein selbständiges, im Wege der
Kinematographie oder eines ihr ähnlichen Verfahrens zustande ge-
kommenes Erzeugnis vor dem Inkrafttreten der Übereinkunft in Deutsch-
land erlaubterweise vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich vorgeführt
haben.
§ 2.
Im Verhältnisse zu einem Staate, demgegenüber die revidierte Überein-
kunft nach dem in ihrem Artikel 29 bezeichneten Zeitpunkt Geltung erlangt, finden
die Vorschriften des § 1 entsprechende Anwendung. Soweit danach der Zeitpunkt
des Inkrafttretens der Übereinkunft entscheidet, ist der Zeitpunkt maßgebend, in
dem die revidierte Übereinkunft im Verhältnisse zu diesem Staate Geltung erlangt.
§ 3.
Durch die Vorschriften dieser Verordnung werden die Einschränkungen nicht
berührt, denen auf Grund der Verordnungen vom 11. Juli 1888 (Reichs-
Gesetzbl. S. 225) und vom 29. November 1897 (Reichs-Gesetzbl. S. 787) die
Rückwirkung der Bestimmungen der Übereinkunft vom 9. September 1886 und
der Zusatzabkommen vom 4. Mai 1896 unterliegt.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem
Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Bergen, an Bord M. Y. „Hohenzollern“, den 12. Juli 1910.
(L. S.) Wilhelm.
von Bethmann Hollweg.
Herausgegeben im Reichsamt des Innern. — Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.
Bestellungen auf einzelne Stücke des Reichs-Gesetzblatts sind an die Postanstalten zu richten.