Object: Archiv für öffentliches Recht. Band 35 (35)

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Zweites Hauptstück: Das Problem: Ist die verfahrensgemäße, 
aber materiell ungerechtfertigte Bestellung eines Vormundes 
für einen Nichtvormundschaftsbedürftigen absolut unwirksam 
oder verbindlich?, und seine Lösung. 
8 6. 
Das Problemin seiner allgemeinen Bedeutung. 
„In dem Idealbilde des Staats müßte der Satz des englischen 
Staatsrechtes: The king can do no wrong zu der unfehlbaren 
Wahrheit sich ausdehnen, daß der Staat nicht Unrecht tun kön- 
ne“®, Gewiß soll und darf der Staat nicht dem Unrecht zum 
Siege verhelfen, und das Gesetz sitzt auch dem Richter als ein 
eiserner Hemmschuh im Nacken. Aber soll darum die 
sachlich unrichtige staatliche Handlung nicht mehr 
als ein Ausfluß des staatlichen Willens gelten? 
Wohin ein solcher „nur mehr naturrechtlicher Doktrinarısmus“ 
führen würde, sagt besser als ein Beispiel dieser Satz WALTER 
JELLINEKs‘®: „Bei einer solchen Auffassung wären nicht nur die 
verschiedenen Staatsorgane untereinander befugt, ihre Tätigkeit 
gegenseitig zu überprüfen, sondern vor allem wäre der den Staats- 
organen unterworfene Untertan Richter über seine eigenen 
Richter.“ 
Für die von der freiwilligen Gerichtsbarkeit erlassenen Ver- 
fügungen nun fehlt es an allgemeinen Vorschriften darüber, in 
welchen Fällen die unter Verletzung materiellrechtlicher Vor- 
schriften erlassenen Verfügungen wirksam oder nichtig sein sol- 
len”. Den Grund dieser Unvollständigkeit des Gesetzes mag man 
%® (4. JELLINEK, System der subjektiven öffentlichen Rechte. 2. Aufl. 
(1905) S. 242. 
© W. JELLINER $. 104. 
ıı JosEr in ZZP. Bd. 30, S. 104 ff, 109; EnDEMANnN, Lehrbuch des 
Bürgerlichen Rechts, II. Bd. 2. Abteil. (8./9. Aufl. 1908) S. 789.
	        
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