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an die Gemeinde abzunehmen. Der Übernahmepreis wird von der Reichsgesellschaft
endgültig festgesetzt.
§ 5
Die Reichsgesellschaft verarbeitet die ihr gelieferten Speisereste und Küchen-
abfälle zu Milchkraftfutter. Sie ist verpflichtet, auf Verlangen jeder Gemeinde,
die eine nach dem Ermessen der Landeszentralbehörde genügende Regelung des
Milchverkehrs durchgeführt hat, zu einem Vorzugspreise Milchkraftfutter zur Ver.
fügung zu stellen, und zwar in einem vom Reichskanzler zu bestimmenden Ver-
hältnis zur Rohstofflieferung.
§ 6
Die Reichsgesellschaft steht unter der Aufsicht des Reichskanzlers. Der
Reichskanzler kann unbeschadet der Bestimmung des § 5 über die Verteilung und
die Preise des vorhandenen Milchkraftfutters Bestimmungen treffen.
Er kann Ausnahmen zulassen.
Die Anordnung des § 1 kann von der Landeszentralbehörde auch für
Gemeinden von weniger als 40 000 Einwohnern auf Antrag des Gemeindevorstande
und der Reichsgesellschaft getroffen werden.
In diesem Falle gelten die Bestimmungen der §§ 1 bis 6 sinngemäß.
§ 8
Die Landeszentralbehörden bestimmen, wer als höhere Verwaltungsbehörde
im Sinne des § 1 Abs. 2 anzusehen ist.
Sie können anordnen, daß auch andere Abfälle (§ 1) an die Reichsgesellschaft
zu liefern sind.
§ 9
Mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu fünfzehnhundert
Mark wird, sofern nicht andere Strafgesetze eine höhere Strafe androhen, bestraft.
1. wer entgegen den Vorschriften der §§ 1, 7, 8 Abs. 2 es unterläßt, Speise-
reste, Küchenabfälle und andere Abfälle in der vorgeschriebenen Weise
zu sammeln;
wer der Bestimmung des § 2 Abs. 1 oder einer auf Grund des § 2
Abs. 2 erlassenen Anordnung zuwiderhandelt;
3. wer Speisereste, Küchenabfälle und andere Abfälle unbefugt den Sammel-
gefäßen entnimmt.
§ 10
Diese Verordnung tritt mit dem Tage der Verkündung in Kraft. Der
Reichskanzler bestimmt den Zeitpunkt des Außerkrafttretens.
Berlin, den 26. Juni 1916.
Der Stellvertreter des Reichskanzlers
Dr. Helfferich