60 Zoweiter Abschn. Die Organisation. III. Die Organisation der Selbstverwaltung. § 20.
aus und hat das Gemeindearchiv aufzubewahren und in Ordnung zu halten. In
Beziehung auf die Befugnisse zur Aufrechterhaltung der Ordnung und zur Durch-
führung gesetzlicher Verfügungen gelten bis auf ein geringeres Höchstmaß der hier
zulässigen Geldstrafe (5 M.), hinsichtlich Ausübung des polizeilichen Notverord-
nungsrechts durchweg für den Gemeindevorsteher die nämlichen Bestimmungen
wie für den städtischen Polizeibeamten (LG. § 73, 74). Neben dem Ersatz seiner
baren Auslagen erhält der Gemeindevorsteher stets, der Gemeindevorstehergehilfe
nur im Fall der Uebertragung der dauernden Verwaltung einzelner Geschäftszweige
eine angemessene Besoldungt).
Bei Ausübung des staatlichen Aufsichtsrechts über die Landgemeinden steht dem
Kreisausschuß nach verschiedenen Richtungen hin eine Mitwirkung zu. Es handelt
sich dabei entweder um Bestätigung gewisser Gemeindebeschlüsse 2) oder um die Ent-
scheidung von Streitigkeiten und Beschwerden (z. T. in Fällen, wo in Städten die
vereinigte Versammlung von Stadtmagistrat und Stadtverordneten zu entscheiden
hat) oder um gutachtliche Aeußerungen in Angelegenheiten, deren endgültige Ent-
scheidung zumeist dem Staatsministerium obliegt (LGO. 5 157—159). Gegenüber
den Verfügungen und Entscheidungen des Kreisausschusses ist im gleichen Maß, wie
gegenüber den Entscheidungen der vereinigten Versammlung von Stadtmagistrat und
Stadtverordneten (s. Seite 58, Anm. 4) Klage bei dem Verwaltungsgerichtshof zuge-
lassen (G. vom 5. März 1895 Nr. 26 F 47). — Für den Fall, daß in Gemeinde-
angelegenheiten der Gemeindevorsteher oder der Gemeinderat oder der Kreisaus-
schuß die pflichtmäßige Dienstleistung verweigern sollte, hat das Gesetz vorsorglich
noch bestimmt, daß die Befugnisse des Gemeinderats auf den Kreisausschuß über-
gehen, die des Kreisausschusses aber vom Staatsministerium, Abt. des Innern,
oder nach dessen Anweisung von der Kreisdirektion ausgeübt und die Geschäfte des
widerspenstigen Gemeindevorstehers auf dessen Kosten nach Anordnung der Staats-
behörde kommissarisch besorgt werden sollen (LGO. J 166 3).
§ 20. Die Kreiskommunalverbände. — Die Kreisordnung vom 5. Juni 18714)
hat die 6 Kreise des Herzogtums als Verwaltungsbezirke zwar bestehen lassen, jedoch
den neugeschaffenen Kreiskommunalverbänden durch Zerlegung des Kreises Braun-
schweig in drei solcher Verbände 5) eine zum Teil veränderte Abgrenzung zugrunde
gelegt. Jeder dieser Verbände ist für bestimmte Zwecke der Selbstverwaltung und
1) Der Dienst des Gemeindevorstehers ist durch den außerordentlichen Zuwachs an Ge-
schäften, welchen er infolge der Reichs= und Landesgesetzgebung nach und nach erfahren hat,
zu einem sehr belasteten und verantwortungsvollen Amt geworden. Eine äußerst dankens-
werte, gründliche und erschöpfende Anleitung für dessen Verrichtung giebt Langerfeldts vor-
keessaicher „Wegweiser durch die Geschäfte des Gemeindevorstehers im Herzogtum Braunschweig“
(3. Aufl. 1906).
2) Anderweite Besoldung der Gemeindebeamten, Veräußerung oder Erwerb von Grund-
stücken, Kapitalverwendungen, Ausleihungen und Anleihen von mehr als 100 M. (bei einem
Wertbetrag von über 1000 M. unter Vorbehalt auch der Genehmigung des Staatsministeriums,
Abt. des Innern), vertragsmäßige Uebernahme dauernder Verpflichtungen.
3) Die StO. hat die Möglichkeit einer derartigen Renitenz nicht in den Bereich ihrer Er-
wägungen gezogen.
4) Ab G. vom 6. April 1892 Nr. 15, 10. Dezember 1900 Nr. 66, 9. April 1906 Nr. 22,
16. März 1908 Nr. 16.
5) In die Kreiskommunalverbände: 1. Stadt und Bezirk Braunschweig, 2. Amtsbezirke
Riddagshausen und Vechelde, 3. Amtsbezirk Thedinghausen (bei Bremen). Die übrigen 5 Ver-
waltungskreise bilden je einen Kreisverband für sich.