Full text: Die Verfassungsgesetze des Herzogtums Braunschweig.

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(urgente necessitate: I. 1 Cod. ut nemini liceat in emtione specierum se 
excusare 10, 27; en cas d’urgence: französisches Gesetz vom 30. März 1831; 
vgl. auch Verfassung von Kurhessen § 32, Hannover § 35, Sachsen § 31) wird 
das Recht der Zwangsenteignung überall da zugestanden, wo „eine nach ernster 
Erwägung als begründet erscheinende Forderung der Staats= oder Gemeinde- 
wohlfahrt es gerechtfertigt erscheinen läßt“ (Otto, Staatsrecht, S. 101). Das 
Unternehmen, zu dessen Gunsten enteignet werden soll, braucht nicht notwendig 
ein öffentliches Unternehmen — ein Unternehmen des Staates, der Gemeinden 
oder anderer öffentlicher Verbände — zu sein; es wird unter anderen auch 
für ein Privatunternehmen die Zwangsenteignung nicht versagt, wofern nur 
ein „dringendes öffentliches Interesse sie erfordert (so betreffs der Riesel- 
anlagen der Zuckerfabriken: Bericht der Justizkommission vom 22. Mai 1892 
— Anl. 150 der Verhandlungen des 21. ordentlichen Landtages — und die 
übereinstimmenden Erklärungen der Minister in der Landtagssitzung vom 
28. Mai 1892). Im allgemeinen vgl. über die hier zu ziehenden Grenzen: 
O. Mayer, Verwaltungsrecht II, S. 10 f. 
4) „Vorgängige, volle Entschädigung“: „Berggesetz § 140, Gesetz vom 
13. September 1867 Nr. 78, §1, Zu. 9, 13, Wassergesetz § 6.“ Das hiesige 
Oberlandesgericht hat übrigens wiederholt anerkannt, daß nicht nur dem Expro- 
priaten für die Abtretung von Grundeigentum oder Grundgerechtsamen, sondern 
auch dritten Anliegern für die ihnen aus der Durchführung der Zwangsenteig- 
nung entstehenden Beeinträchtigungen und Belästigungen (Umwege u. a.) volle 
Entschädigung nach den Grundsätzen des Gesetzes von 1867 zustehe (Zeitschrift 
für Rechtspflege, Bd. 26, S. 159 f.; Bd. 29, S. 43f. — anders freilich: Ent- 
scheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen, Bd. 3, S. 171 f.; Bd. 6, S. 159 f.). 
5) Zuständige Behörden für die Entscheidung über die Statthaftigkeit des 
Zwanges sind nach der Wegeordnung (§ 53) die Kreisdirektionen und bei Ab- 
tretung von Gebäuden, Hofräumen und Hausgärten das Ministerium, nach dem 
Berggesetz (§ 145) die Kreisdirektionen, entweder (bei fiskalischen Betrieben) 
allein oder gemeinschaftlich mit der Bergbehörde, nach dem Wassergesetz (§ 5), 
sowie bei Enteignungen zum Zweck von Eisenbahnanlagen das Ministerium. 
In Fällen der Zuständigkeit der Kreisdirektion bzw. Bergbehörde ist das Mini- 
sterium Beschwerdeinstanz. In den nicht durch besondere Gesetze geordneten, 
durch dringende Notwendigkeit gebotenen Fällen wird das Recht der Zwangs- 
enteignung durch ein landesherrliches Reskript erteilt (N. L.-O. § 10). 
6) Dieses Gebot, das bei seiner allgemeinen Fassung allerdings zu Aus- 
legungszweifeln Anlaß geben kann, hat sich bei der Landesgesetzgebung bisher 
keine Anerkennung zu verschaffen vermocht. Die Verordnung vom 26. März 
1823 Nr. 17, laut deren die Feststellung der bei Enteignungen für Wege- 
bauten zu zahlenden Entschädigung durch das Fürstl. Geheimrats-Collegium 
erfolgte, ist nach Erlaß der N. L.-O. in unbestrittener Wirksamkeit geblieben, 
hat durch die Deklaration vom 4. Mai 1835 Nr. 34 eine Erweiterung ihres 
Anwendungsgebietes erfahren und ist dann ersetzt durch den fünften Abschnitt 
der Wegeordnung vom 11. Mai 1840 Nr. 25, welcher die Auemittelung
	        
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