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folge stellte, bald weitergehende Begünstigungen und nicht minder wußten die
geistlichen Herren unter Berufung auf die dem Kirchengut zukommenden Im-
munitäten sich manche Erleichterung zuzuwenden. Bei häufiger Wiederkehr der
Anforderungen aus gleichartigem Anlaß verwischte sich dann mehr und mehr
der eigentliche Ursprung der Leistung; die Beden nahmen in manchen Fällen
den Charakter einer herkömmlichen, gemeinen Last an und wurden zu einer
ordentlichen Abgabe (Grundbede — Landbede — Landschatzung), bei der
der Beweggrund der Beihilfe nicht mehr auf das „mitleidige Gemüthe“ zurück-
geführt, sondern, wie bei den Anforderungen zu Zwecken des Reichsdienstes (dem
„gemeinen Pfennig" und den Römermonaten) oder für Einrichtungen des Reiches
(den „Kammerzielern“), in einer bestehenden Pflicht erblickt wird. Daneben
traten endlich auf Grund eines besonderen Anlasses die sogenannten notwendigen
Steuern im Fall einer echten Landesnot (namentlich: Auslösung des Landes-
fürsten aus der Gefangenschaft) und zum Zweck der hochzeitlichen Ausstattung
der fürstlichen Töchter (die sogenannte Fräulein= oder Prinzessinsteuer). Über
die angeforderten Leistungen entschied aber nicht die Stimmenzahl, nicht das
Übergewicht mehrerer Ständevertretungen gegenüber einer einzelnen, vielmehr
bewilligte — mochte die Unterhandlung mit der „gemeinen Landschaft" 1) oder
noch mit einzelnen Ständeklassen gepflogen werden — ein jeder Stand für sich
und seine Untergebenen und brachte dabei seine Sonderrechte und seinen Eigen-
vorteil nach Kräften zur Geltung.
Wenn die Landstände nach dem Urteil eines neueren Geschichtsforschers?)
in der Verwirrung des 14. und 15. Jahrhunderts eigentlich die einzige zu-
sammenhaltende Macht im Staate und gleichsam den Kristallisationspunkt dar-
stellen, um den sich die zentrifngalen Elemente der Gesellschaft sammeln konnten,
so bereitet sich mit dem Ausgang des Mittelalters auf den Gebieten des öffent-
lichen Lebens jener bedeutungovolle Umschwung vor, der den Sieg des Landes-
fürstentums über die widerstrebenden Sondergewalten bezeichnet und eine straffere
Ordnung der staatlichen Verhältnisse angebahnt hat. Der Kampf zwischen
einheimischem und fremdem Recht hatte sich zugunsten des letzteren entschieden,
und die gelehrten Juristen, die in den Rat des Fürsten eintraten und mit der
Umgestaltung der Gerichtsverfassung zu einem einflußreichen Beamtenstande
wurden, begründeten aus den Konstitutionen des corpus juris die Doktrin von
der Allgewalt des Landesherrn, während durch den allgemeinen Landfrieden den
Ständen das Recht des bewaffneten Widerstandes und somit ein wirksamer
Schutz gegenüber einer praktischen Verwertung jener neuen Anschauung entzogen
war. Mit dem Verfall der Hansa nahm auch der Niedergang der Städte
seinen Anfang, durch die Einwirkungen der Reformation sahen sich die Prälaten
in ihrem Besitzstande bedroht, die Nitterschaft endlich verlor an Bedeutung, je
1) Eine Bezeichnung, die wohl zuerst in einer Urkunde der grubenhagenschen
Herzöge vom Jahre 1458 vorkommt, dann im Revers der Braunschweiger Herzöge
ron 1488 — Ribbentrop, I, Nr. 8 — wiederholt ist.
:) v. Heinemann, Braunschw. Geschichte, Bd. 2, S. 236.