Erbprinz Karl Wilhelm Ferdinand in den letzten Regierungsjahren seines
Vaters mit tatkräftiger Hand in die Verwaltung des Landes eingegriffen und
späterhin als Landesfürst durch die äußerste Einschränkung aller Ausgaben
Abhilfe geschaffen hätte. Die landesväterliche Fürsorge des Herzogs ist von
ständischer Seite jederzeit dankbar anerkannt und namentlich der Erlaß des
Ediktes vom 1. Mai 1794 ihm zum höchsten Ruhme angerechnet, aber seine
bei allem Wohlwollen herrische Art hat doch das gute Einvernehmen mit der
Landesvertretung zu wiederholten Malen ernstlich gefährdet, wie denn im Jahre
1788 die ohne Zuziehung der Stände begonnene Umgestaltung des Landes—
schulwesens 1) und am Beginne des neuen Jahrhunderts der langwierige Streit
über die Frage, ob ein Mitglied des Fürstl. Ministeriums zugleich Mitglied
des Schatzrates sein könne 2), die Einberufung der gesamten Stände seitens
des engeren Ausschusses zur Folge hatte. Der aus dem letzteren Anlaß aus-
geschriebene, vom 21. bis zum 26. Jannar 1801 währende Konvokationstag
war der letzte Landtag, der in altbraunschweigischer Zeit gehalten ist.
1) Der Herzog beabsichtigte, die Schulen von der Ausfsicht des Konsistoriums
loszulösen und einem eigenen Schuldirektorium zu unterstellen. Vom engeren und
hernach auch dem großen Ausschuß wurde gegen diesen Plan Einspruch erhoben,
weil die Zahl der oberen Landeskollegien, die den Obrigkeiten und Ständen zu be-
fehlen hätten, vom Landesherrn nicht einseitig vermehrt werden könne, weil ferner
dem Konsistorium die Aufsicht über das Schulwesen im Lande nicht ohne weiteres
entzogen werden dürfe und weil endlich die Stände mindestens gutachtlich zu hören
seien. Nur der letztere Einwand hatte nach Art. 10 der landschaftlichen Privilegien
von 1770 guten Grund. Auf dem Konvokationstage beschloß dann die Landschaft,
hinsichtlich der Einrichtung des Schuldirektoriums einige (aus einem Berichte der
vereinigten Ausschüsse vom 16. Februar 1788 näher ersichtliche) Wünsche dem Herzog
vorzutragen und für den Fall der Ablehnung dieser Anträge eine Rechtsverwahrung
gegen die geplante Reform einzulegen.
2) Der Geheimrat v. Bötticher auf Linden, zugleich Mitglied der Ritterschaft,
bewarb sich im Jahre 1800 um die erledigte Stelle eines Schatzrates und hielt trotz
der Bitte, seine Bewerbung zur Vermeidung von Weiterungen zurückzuziehen, sie
aufrecht, da er „Serenissimi höchsteigenen Rechten nicht präjudiciren dürfe"“. Das
Schatzkollegium hatte nun anzuerkennen, daß in verschiedenen Fällen Schatzräte ihr Amt
ohne Einspruch hatten weiterführen dürfen, ungeachtet sie hernach in das Geheimrats-
kollegium berufen waren, mußte aber von der Wahl des Geheimrats v. Bötticher
eine Gefährdung seiner Unabhängigkeit um so mehr besorgen, als auch schon ein
höherer Hofbeamter zu den Schatzräten gehörte. Es wurde daher die Wahl aus-
gesetzt, Einberufung der Landschaft beschlossen und von dieser die ihr vorgelegte Frage,
ob die Verbindung der Stelle eines Ministers mit der eines Schatzrates für das
Land nachteilig und daher in Zukunft abzustellen sei, mit großer Stimmenmehrheit
bejaht. Der Herzog, der schon während der Vorverhandlungen seinen Unwillen über
das Vorgehen des Schatzkollegiums zu erkennen gegeben, auch das Recht, über die
Zulässigkeit einer Konvokation allein zu entscheiden, für sich in Anspruch genommen
hatte, versagte in einem sehr ungnädigen Reskript vom 5. April 1801 dem Beschluß
der Landschaft die Bestätigung, erklärte vielmehr vernstlich und bestimmt“, daß es
hinsichtlich der Vereinbarkeit der beiden Amter „in allen und jeden Punkten sein
unabänderliches Verbleiben haben müsse“ — eine Willensäußerung, die den Aus-
schuß und die Ritterschaft aber nicht abhielt, die Wahl schließlich auf ein anderes Mit-
glied zu lenken.