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einigten Kunstschätze Klarheit zu schaffen. Diese Forderungen bewogen zunächst
den damaligen Vertreter des Kultusministeriums, Ministerialrat Meyer, auf
die Rechtsfrage näher einzugehen. Nach einem kurzen Überblick über den Ur-
sprung der einzelnen Sammlungen des Museums wiederholte er die schon im
Schreiben vom 7. Februar 1882 gegebene Auslegung des § 222 der N. L.-O.
und teilte dann mit, es hätten über die hauptsächlichsten Zweifelspunkte, ob
nämlich die Schätze des Museums ganz oder zum Teil mit Fideikommißqualität
behaftet seien, ob sie im Bejahungsfalle dem großen Fideikommiß des welfischen
Gesamthauses oder einem Separatfideikommiß der jetzt regierenden Linie zu-
gehörten und ob in diesem Falle beim Aussterben des Mannesstammes der
letzte Inhaber frei darüber verfügen dürfe, drei namhafte Juristen des Landes
auf Erfordern der Regierung sich gutachtlich geäußert, doch sei dadurch Klar-
heit in die Sache nicht gekommen, und bei der Schwierigkeit, die einschlägigen
tatsächlichen Verhältnisse hinlänglich zu Übersehen, ein greifbares Ergebnis
nicht erzielt worden. In Ergänzung dieser Ausführungen bezeichnete im
Fortgang der Sitzung der Staatsminister Schulz den Geheimen Archivrat
Schmidt, Hettling und den Obergerichtspräsidenten Breymann als die Ver-
fasser der erwähnten Gutachten und erklärte es als „kaum zweifelhaft“, daß
dem Museum, wie der Wolfenbüttler Bibliothek an und für sich Fideikommiß-
eigenschaft innewohne. Bei der Bibliothek gründe sich diese Annahme dar-
auf, daß jene, dem Glanze des Fürstenhauses dienend, in Erbgang gekommen
sei und nach vielen Annotationen des Herzogs August dauernd innerhalb
des welsischen Hauses weiter vererbt werden solle. „Es sei das die allgemeine
fideikommissarische Idee, daß die solcher Bestimmung dienenden Gegenstände,
wenn einmal in Erbgang gekommen, dem Geschlechte bis zu dessen Aus-
sterben verbleiben müßten, und es werde daher die Bibliothek als Gesamt-
fideikommiß des Fürstenhauses, solange eine Linie desselben, und zwar auch in
dem eventuell succedierenden Weiberstamme existiere, dieser nicht entrissen werden
können.“ Das Museum dagegen werde nach den vom Herzog Anton Ulrich
getroffenen Bestimmungen als ein Spezialfideikommiß der braunschweig-
wolfenbüttelschen und der bevernschen Linie, und zwar lediglich des Mannes-
stammes anzusehen sein. „Es habe daher Se. Hoheit der Herzog als letzter
dieser Linie über dasselbe frei zu verfügen, und erst bei dem Mangel einer Ver-
fügung würden etwaige Erbrechte weiblicher Deszendenten in Betracht kommen
können. Nun habe aber der Durchlauchtigste Herr in der allerfeierlichsten
Weise eine solche Verfügung getroffen, nämlich unter Mitwirkung der Stände
durch den Erlaß der Verfassung. Der § 222 derselben habe nicht nur die
Bedentung, welche der Wortlaut mit sich bringe; es sei vielmehr klar, daß
Se. Hoheit durch den Erlaß solcher, einer hausgesetzlichen Verfügung völlig
gleichzusetzenden Bestimmung Höchstseinen Willen bekräftigt habe, dem Charakter
der Sammlungen als allgemeiner Landesinstitute unbestrittene Anerkennung zu
verschaffen.“ Da inzwischen aus der Versammlung ein Antrag, die Kosten des
Neubaues aus Mitteln des Kammergutes, dem Kammerkapitalfonds, zu ent-
nehmen, eingegangen war und die Zustimmung der Landesregierung gefunden