Verlag von Max Spohr in Leipzig.
Faust
in der Geschichte und Tradition.
Mit Verüchsichtigung des mittelalkerlichen Jauberwesens.
Als Anhang die Wagnersage und das Wagnerbuch.
Von Karl Kiesewetter.
37 Bogen gr. 8°. Mit 33 Abbildungen.
Preis 10 Mark.
Mancher meint vielleicht, in der Faustlitteratur, die schon über
2000 Bände zählt, sei Neues nicht mehr beizubringen. Das vorliegende
Werk von Kiesewetter beweist im Gegenteil, daß der naturgemäße Stand-
punkt für dieses Problem bisher überhaupt noch nicht eingenommen
wurde. Wer Faust verstehen will, muß im Okkultismus bewandert sein.
Von diesem haben aber unsere Litterarhistoriker keine Kenntuisse, während
umgekehrt die Okkultisten die Faustlitteratur nicht kannten.
Das vorliegende Faustbuch dagegen ist vom Verfasser der
„Geschichte des neueren Okkultismus“ geschrieben, also von einem gründ-
lichen Kenner dieses Gebietes, und so ist es kein Wunder, daß schon beim
ersten Versuch, das Faustproblem unter den richtigen Gesichtspunkt zu
stellen, ein Werk von 37 Bogen zu Stande kam, dessen reichhaltiges
Material fast nur Neues bringt, und in Bezug auf den historischen wie
traditionellen Faust aus Quellen schöpft, die bisher noch kaum benutzt
wurden. Eine Darstellung der mittelalterlichen Magie, wie sie thatsächlich
war, und eine sachliche Betrachtung der einzelnen magischen Künste,
denen der moderne Hypnotismus und Okkultismus wieder auf die Spur
kommt, läßt uns den Faust — man kann sagen zum ersten Mal —
richtig verstehen. Die dem Faust zugehörigen und teilweise nur zuge-
schriebenen Höllenzwänge, sowie verwandte Zauberbücher des Mittelaliers
sind hier besprochen, und reichliche Excerpte aus den alten Drucken des
16. Jahrhunderts über den Vaganten Georg Sabellicus, allas Faust
lassen diese feste Gestalt gewinnen. Aber auch der dem großen Publikum
fast unbekannte Famulus Wagner erhält seinen Kommentar, und inter-
essante Illustrationen zu allen Teilen des Buches werden besonders
willkommen sein.
Wiewohl Kiesewetter die dichterischen Verwertungen des Faustproblems
übergeht, werden die Goetheforscher doch manches finden, was ihnen
neue und ungeahnte Aufschlüsse giebt.
Die Periode der litterarhistorischen Faustbücher mag also abgelaufen
sein; die sachliche Behandlung des Problems aber, welches nun ganz
neue Blutzufuhr erhalten hat, hat mit Kiesewetters Faustbuch erst
begonnen und ist zugleich soweit geführt worden, als es nach unseren
derzeitigen Kenntnissen geschehen konnte.