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dung die Gegner eine einheitliche Gesinnung der Freimaurer
selbst nicht behaupten, ist es eine unleugbare Thatsache der
Geschichte, daß einzelne Personen und Gesellschaften niemals
Revolutionen hervorgebracht haben, sondern daß diese stets
in den Zuständen der Staaten, welche sie betrafen, ihre Ur-
sache hatten. Wären also die Freimaurer so unwissend,
diese Thatsache nicht zu kennen, und würden dennoch auf
Umsturz sinnen, so wären sie auch nicht zu fürchten. Die-
jenigen Leute, von denen die Angriffe auf den Bund in der
Regel ausgehen, sind indessen weit weniger für den Staat
besorgt, als für die Kirche. Die einzige Bewegung aber,
welche der katholischen Kirche Nachteil brachte, die Reformation,
fällt in eine Zeit, da es noch keine Freimaurer gab!
An den politischen Revolutionen in der Periode seit
Entstehung des Bundes aber läßt sich eine Mitschuld der
Freimaurer in keiner Art nachweisen. Die Veranlassungen
der ersten französischen Revolution waren der Art, daß
eine Gesellschaft sie weder befördern, noch verhindern konnte.
An den Revolutionen unseres Jahrhunderts aber waren,
außer den sie verursachenden Zuständen, genug eigentlich
politische Vereine beteiligt, neben denen für die Freimaurer
kein Raum war. Ja, die Beteiligung der letzteren war so-
gar unmöglich in Italien, Spanien und Griechenland 1821,
Rußland 1826 und Polen 1830; denn in diesen Ländern
gab es zur erwähnten Zeit gar keine Freimaurer; die Car-
bonari und andere geheime politische Gesellschaften aber
gehen die Freimaurerei nicht das mindeste an, und die
letztere erscheint in Italien erst wieder nach Begründung der
Einheit des Landes, seit 1860. In Frankreich waren die
Umwälzungen von 1830 und 1848 notwendige Folgen der-
jenigen von 1789 und der auf sie folgenden Reaktion, be-
durften also keiner Freimaurer. Auch in Österreich und
Ungarn gab es 1848 keine Logen, in Deutschland waren
die meisten Freimaurer Gegner der Bewegung jenes Jahres,