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dortigen Ultramontanen. England ist reich an Frei-
maurern aller dortigen Parteien und ebenso Nordamerika;
in diesen beiden Ländern müßten also die Freimaurer, welche
dort zahlreicher sind, als sonst überall, wenn sie Politik
trieben, einander unablässig bekämpfen! —
Vom Verhältnis weiterer Freimaurerbünde zur Politik
ist dem Verfasser nichts bekannt.
Kurz, wenn man nicht die Tendenz der Ultramontanen
teilt, unter dem Namen der „Freimaurer“ alles zu ver-
ketzern, was nicht zu ihrer Partei gehört, so kann man der
Ansicht der letzteren von der Freimaurerei unmöglich irgend
einen vernünftigen Sinn beilegen, sondern nur etwa schwanken,
ob sie mehr aus geistiger Beschränktheit oder mehr
aus boshaftem Gemüte hervorgehe. —
Nach dem, was oben gesagt ist, kann nun von einer
allgemeinen Politik oder Religion der Freimaurer
keine Rede sein. Es hat in diesem großen Menschheits-
bunde jede ehrliche Ansicht über Staat oder Kirche Raum.
Als Privatperson hat natürlich jeder Freimaurer das Recht
und die Freiheit, jener Partei, mit welcher er sympathisiert,
anzugehören oder auch, es mit keiner zu halten. Sofern
aber Logen oder Großlogen offiziell eine Parteiansicht
äußern sollten, gleichviel ob eine radikale oder eine konser-
vative, so würden sie unmaurerisch handeln und sich
auf ein Gebiet begeben, welches nicht das der Freimaurerei
ist! Denn die Aufgabe der letztern besteht darin, von reli-
giösen und politischen Ansichten abgesehen, im Menschen
den Menschen zu achten, d. h. den Menschen danach zu
beurteilen, ob er die vom höchsten Wesen in seine Seele
gelegten Anlagen recht anwende, ob er seine Pflichten gegen
seinen Nächsten und gegen sich selbst erfülle, ob er den
Idealen des Wahren, Guten und Schönen nachstrebe. Der
Freimaurerei liegt die feste Uberzeugung zu grunde, daß
diesem erhabenen Streben von Leuten verschiedener Ansichten
Henne am Rhyn, Freimaurer. 7