wurde ihnen nicht aufgethan, und die Anwohner setzten sich
gegen die saubere Nachbarschaft zur Wehre.
In derselben Stadt geschah es im Jahre vorher, daß
der „Gast“ eines schlechten Hauses mit dessen Besitzerin
wegen einer Flasche Wein in Streit geriet und sie mit einem
Stockdegen erstach; das Gericht nahm an, daß in solchen
Häusern alles möglich sei und sprach den Thäter frei!
Übrigens vermindert sich die Prostitution, (wenigstens
die offizielle) in Genf. Von 1869 bis 1876 sank die Zahl
der eingeschriebenen Dirnen von 325 auf 115; die der
Bordelle, deren 1877 13 mit 63 Bewohnerinnen waren,
soll ebenfalls abgenommen haben. Aber das Kerkersystem
der Bordelle dauerte fort, obschon die Polizei behauptete,
der Austritt stehe den Dirnen frei und ihre Schulden werden
nicht anerkannt. Noch im Jahre 1888 stürzte sich eine gefangen
gehaltene junge Deutsche vom dritten Stockwerke eines Bordells
auf die Straße und brach Arm und Bein. Von zwei anderen,
welche das nämliche thaten, wurde die eine verstümmelt und
die andere getötet.
Indessen wuchs durch öffentliche Versammlungen und
Eingaben an die Regierung eine Agitation zum Schutze der
persönlichen Freiheit und zur sofortigen Schließung der Bor-
delle immer stärker an. Die Petition zu diesem Zwecke
vom 10. Okt. 1888 zählte 21,657 Unterschriften (über 7000
von Männern und über 14,000 von Frauen). Der Staats-
rat antwortete, er habe eine Kommission zur Untersuchung der
Frage bestellt; aber diese fand kein besseres Mittel, als die
Sache beim Alten zu lassen!
Nach neuesten Berichten hat nämlich der Berg, den die Re-
gierung von Genf unter der Gestalt einer „Enquêète“ über die
Verhältnisse der Prostitution aufwarf, eine Maus geboren.
Diese „Enquête“ bestand darin, daß die armen Gefangenen der
Bordelle von der Polizei über ihre Lage einvernommen
wurden. Daß sie dabei nichts aussagen, was ihren Kerker-
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