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Orient nichts entgegen, und dieselben werden auch nicht im
mindesten verachtet.
Ähnlich verhält es sich in Japan, wo der Begriff
der Unsittlichkeit so wenig existiert, wie derjenige der Scham—
haftigkeit. Geschlechtliche Verhältnisse werden dort ganz wie
andere ruhig, ohne Cynismus, noch geheimnißvoll besprochen,
sogar in Gegenwart von Kindern; die öffentlichen Dirnen
bilden einen anerkannten Stand, der in dem schönsten Stadt—
teile seinen Wohnsitz hat. Töchter der besten Stände be—
finden sich oft unter ihnen und verheiraten sich später glücklich,
ohne daß ihnen ein Makel anhaftet. Die Theehäuser sind
die allgemein anerkannten Stätten der Prostitution in Japan;
aber es soll dort sehr anständig zugehen, und die die Gäste
bedienenden Mädchen beobachten ein bescheidenes und liebens—
würdiges Benehmen.
Schlimmer steht die Sache in China. Seit dem Jahre
720 vor Chr. ist dort die Prostitution eine staatlich geordnete
und dem Staate Einkünfte eintragende Anstalt. Eltern dürfen
ihre Töchter verkaufen, Männer ihre Frauen ausleihen, um
die Prostitution zu rekrutieren. Zwar sind die Besitzer
schlechter Häuser verachtet; aber die Gewohnheiten der un—
geheuern Bevölkerung sind so ungemein verdorben, daß
Niemand gegen die Prostitution sprechen dürfte, ohne sich
lächerlich zu machen. Schon in einer vor zweihundert Jahren
erschienenen Reisebeschreibung finden wir die Mitteilung, daß
die Kuppler in China das ganze Land durchziehen, alle
hübschen Mädchen durch Geld und gute Worte den Eltern
entführen und sie dann unterrichten, wie sie in Tanzen,
Singen und anderen Sachen sich den Männern gefällig
machen können. Sie verkaufen oder vermieten die Mädchen
endlich um hohe Preise an vornehme und reiche Leute, denen
sie dieselben, auf Esel gesetzt, öffentlich zuführen.
In der britischen Besitzung Hongkong, einer Insel im
Süden Chinas, wo freilich die englischen Soldaten und Matrosen