— 21 —
weiberei war ein Vorrecht des Adels. Das Harem des
Königs wurde aus den Schönsten der „Sonnenjungfrauen“
rekrutiert, welche sich im übrigen bei Todesstrafe kein Liebes—
verhältnis zu schulden kommen lassen durften und in Kloster—
gebäuden streng abgeschlossen dem Sonnen= und Tempeldienste
lebten. War der Herrscher der Auserwählten überdrüssig,
so wurden sie als „Bräute des Inkas“ nach Hause gesandt
und blieben allgemein geachtet.
Schlimmer steht es in dem dem Namen nach christlichen
Abessinien. Die geschlechtlichen Sitten dieses Landes sind
derart, daß man dasselbe als in allgemeine Prostitution ver-
sunken bezeichnen darf. Die Frauen spielen eine große Rolle
in diesem Lande, und zwar nicht nur die ehrbaren, sondern
namentlich die Buhlerinnen, die am Hofe nicht nur Zutritt
haben, sondern Huldigung empfangen, und so überall.
Pantoffelherrschaft ist derart üblich, daß ein Mann, der
seiner Frau irgend etwas zu thun vorschreiben wollte, ver-
höhnt würde. Und doch ist die Frau rechtsunfähig, sowohl
subjektiv als objektiv; sie kann nicht nur nicht erben, Zeugnis
ablegen u. s. w., sondern auch wegen keines Vergehens
bestraft werden; in allem steht der Mann für sie ein. Diese
Widersprüche in der Stellung der Geschlechter und der völlige
Mangel an Schulunterricht, für den auch die Geistlichkeit
nichts thut, erklären die angedeuteten unsittlichen Zustände.
Wo die Pflicht und die Verantwortlichkeit fehlen, ist auch
keine ethische Handlungsweise denkbar.
Wahrscheinlich haben sich in jenem Winkel Afrikas Erinne-
rungen an das alte Agypten erhalten, von welchem ja „Athi-
opien“ am oberen Nil eine Kulturkolonie war. Wenn wir auch
die nun zu erwähnenden Anekdoten, welche der ehrwürdige
Herodot dort vernahm, nicht als bare Münze nehmen können,
ja in dieser Form als durchaus unwahrscheinlich betrachten
müssen, so zeigen sie doch unleugbar, daß im Nillande zur
Zeit seiner alten Kulturblüte eine arge Prostitution herrschte.