Full text: Die Gebrechen und Sünden der Sittenpolizei aller Zeiten, vorzüglich der Gegenwart.

fiel“.) Uberreich sind die Erzählungen der griechischen Schrift- 
steller von Beispielen der hingebendsten Liebe zwischen Männern 
und Jünglingen. 
In allen griechischen Staaten und Kolonien galt der 
männliche Eros als ebenso berechtigt, wie der dem weiblichen 
Geschlechte zugewandte, ja in früherer Zeit als der einzig 
wahre. Denn bis etwa zur Zeit Alexanders des Großen 
hatte die Liebe zwischen Mann und Weib keine höhere ideale 
Bedeutung und die Ehe nur den Zweck der Fortpflanzung. 
Wer keinen Geliebten oder Liebhaber im reinen Sinn hatte, 
war an manchen Orten ehrlos. — 
Die dritte Art der Liebe, nämlich die zwischen Personen 
des weiblichen Geschlechts, gewöhnlich als die lesbische 
(nach der Insel Lesbos) bezeichnet, liegt sehr im Dunkeln. 
Offenbar hatte sie in ihrer reinen Form einen ebenso hohen 
idealen Charakter wie die Paidophilie; der Natur der Sache 
gemäß kann dagegen ihre unreine Abart nur wenig ver- 
breitet und verhältnismäßig wenig gefährlich gewesen sein. 
Nach Lukians Hetärengesprächen kam sie in höchst leiden- 
schaftlichem Maße unter den Hetären vor, die gewissermaßen 
von dem Verkehre mit den Männern übersättigt und angeekelt 
und auf ihre jüngeren Geliebten eifersüchtiger waren als 
auf männliche Liebhaber. — Daß die große Dichterin Sappho 
eine Lesbierin, der reinen Form dieser Liebe huldigte, nicht 
aber der unreinen, kann wohl kaum zweifelhaft sein. 
So rein, wie gesagt, Sparta, von den Schäden der 
Prostitution sowohl, als von den Ausartungen der Jünglings- 
liebe war, die dort vielmehr in ihrem schönen Sinn allgemeine 
Sitte war, so beherbergte es doch Gebräuche, die uns jetzt 
haarsträubend erscheinen. Ein Verheirateter, der seine jüngeren 
Brüder unterhielt, teilte in jenem Staate auch seine Frau 
mit diesen. Ein bejahrter Ehemann konnte seiner jungen 
  
*) Thukyd. VI, 54. Plut. Themist. 3. Pelop. 18. 
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