Full text: Die Gebrechen und Sünden der Sittenpolizei aller Zeiten, vorzüglich der Gegenwart.

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Gründer der neuen Periode ging hierin mit dem schlimmsten 
Beispiele voran. Alexander lebte in Bigamie mit den beiden 
Perserinnen Barsine und Roxane und stand in engster 
Beziehung zur berüchtigten Tänzerin Thais, die ihn nach 
der Sage sogar zur Zerstörung von Persepolis bewogen 
hätte, angeblich um die Verbrennung Athens durch die 
Perser zu rächen. Sicherer ist, daß sie an den bereits ver— 
mählten größten seiner Nachfolger, den ersten Ptolemäer 
überging und diesem drei Kinder schenkte. Alexander's Zeit— 
genosse und Schützling, der berühmte Apelles (356—308 
v. Chr.) kann als der Maler des Hetärentums bezeichnet 
werden. Nicht nur stand er in naher Beziehung zu einer 
Lais, wahrscheinlich der dritten des Namens; er malte 
auch die übelberufene Phryne als Aphrodite Anadyomene, 
in deren „Tracht“ dieselbe bei Eleusis vor den Augen des 
festfeiernden Athen aus dem Meere stieg. Dem Apelles 
vorangegangen waren in derselben Richtung des Naturalis- 
mus die Bildhauer Skopas aus Paros und Praxiteles aus 
Athen. Jener schuf seine Mänade „in voller Ekstase, mit 
zurückgeworfenem Haupte und flatternden Locken, alle Pulse 
des erhitzten Lebens in dem Marmor schlagend,“ dieser die 
erste unbekleidete Aphrodite, die von Knidos. Noch weiter 
ging, wenn auch mit berückender Kunst verbunden, die sinnliche 
Richtung in dem Ganymedes des Leochares und wurde zur 
Unnatur in dem Hermaphroditos des Polykles. Doch ist 
nicht zu vergessen, daß auch erhabene, reine Kunstwerke, 
wie die Gruppen der Niobe, des Laokoon und des farnesischen 
Stieres, welche von den Einzelfiguren zu dramatischer Fest- 
haltung lebensvoller Scenen vorschritten, derselben Zeit 
angehören. 
Auf der Komödienbühne (eine Tragödie gab es längst 
nicht mehr) fehlten diese erhebenden Momente. Prahlerische 
Soldaten aus den Kriegen Alexanders und seiner Nachfolger 
spielten die Hauptrolle; Hetären sekundierten ihnen. Als
	        
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