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Stunde (4 Uhr abends) und blieben es bis zum nächsten
Morgen. Auch die Wirte der Schenken und Garküchen und
die Bäcker hielten Sklavinnen zum Vergnügen ihrer Kunden,
als Tänzerinnen, Sängerinnen und Prostituierte, wozu sich
auch die Wirtinnen hergaben, wenn man wollte. Endlich
trieben sich freie Dirnen in den Bädern, bei den Cirkussen,
Amphitheatern und Theatern und auf den Straßen herum,
waren bei den Grabmälern und in Hainen zu finden, wahr-
scheinlich auch meist Sklavinnen, die ihren Lohn ihren Herren
bringen mußten. Unabhängiger, besser gekleidet und weniger
gemein, oft sogar gebildet waren die meist fremden Schau-
spielerinnen, Musikerinnen und Tänzerinnen (Ambubajac),
denen es aber nicht möglich wurde, den Einfluß der
griechischen Hetären auf die Politik zu erreichen, die sich viel-
mehr mit einem solchen auf Mode, leichte Litteratur und Theater
begnügen mußten. Sie waren wählerisch und begünstigten
oft nur einen Einzigen oder Ausgewählte, natürlich Reiche.
Verblüht, sanken sie natürlich „von Stufe zu Stufe“ tiefer herab.
In der Kaiserzeit wurde die Sittenlosigkeit so allgemein,
daß, wie Tacitus und Martialis bezeugen, auch Gattinnen
und Töchter von römischen Rittern zu Prostituierten entarteten
und kein tugendhaftes Mädchen mehr in Rom gefunden wurde.
Die Bäder waren vollständig zu Lupanaren geworden, und
der Staat bezog eine Abgabe von der Prostitution. Außer
den oben genannten geheimen Tempeldiensten trug zu dieser
entsetzlichen Entwickelung namentlich das Beispiel der ersten
fünf Kaiser bei, von denen nach dem Zeugnisse des ehrlichen
Suetonius, Augustus ungescheut die Frauen seiner Günstlinge
verführte, Tiberius in seinem Wahnsinn auf Capri die unglaub-
lichsten Ausschweifungen ersann, Caligula die Prostitution
und die Blutschande hoffähig machte, des Claudius Gattin
Messalina unter falschen Namen Lupanare aufsuchte und sich
dort Jedem preisgab, Nero bald als Mann, bald als Weib
sich mit Sklaven vermählte. Alle diese Greuel suchte später