Full text: Die Gebrechen und Sünden der Sittenpolizei aller Zeiten, vorzüglich der Gegenwart.

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Stammes mit „Brett“ (davon auch Bord und Borte in der Be- 
deutung von „Rand“, und englisch: board, Tisch), ein Bretter- 
haus bezeichnete. Ursprünglich hießen so in nicht anstößigem 
Sinne die Wohnungen der weiblichen Dienerschaft eines 
Hofes. Da aber hier oft ein loses Leben Platz griff, oder 
ein solches Gebäude geradezu als Harem des Herrn diente, 
wurde der Name nach und nach auf ein Haus übertragen, 
worin dieses Treiben die Hauptsache bildete. Entgegen dem 
Eifer, den die Karolinger gegen die Prostitution entfalteten, 
zogen spätere französische Herrscher das System der Duldung 
vor, anerkannten die Dirnen (filles folles de leurs corps) 
als Gesellschaft, auferlegten ihnen Abgaben und setzten ihnen 
Richter und Statuten vor. Ja dieselben hielten jährlich am 
Magdalenentage eine öffentliche Procession. Es wurden ihnen 
besondere Straßen und Häuser angewiesen, in welchen sie 
den Tag, nicht aber die Nacht zubrachten. Eigene Dirnen 
waren zum Dienst am Hofe bestimmt und hatten als Vor- 
gesetzten den Roi des Ribaults. Im Jahre 1226 wurde 
für die reuigen Sünderinnen der Orden der Filles Dienu 
gestiftet. In London erhielten die Hetären 1180 durch 
Heinrich II. den ersten Freiheitbrief. In Hamburg erscheinen 
Frauenhäuser 1292, in Regensburg 1306, in Zürich 1314, 
in Basel 1356, in Avignon 1347 (mit Erlaubnis der Königin 
Johanna I. von Neapel durch ein ausführliches Reglement), 
in Wien 1384 als schon längere Zeit bestehend, in Ulm 
1410 (infolge einer Ratsverordnung, welche die Versetzung 
der Dirnen wider ihren Willen, dann aber freilich auch ihre 
freie Entlassung gestattete). Ihre eigentliche Blüte hatten die 
Frauenhäuser im fünfzehnten Jahrhundert. Sie hießen auch 
„offene“ oder „gemeine Häuser“, Töchterhäuser oder Jung- 
frauhöfe, und es gab ihrer in allen bedeutenderen, ja sogar 
in vielen sehr kleinen Städten; sie waren Eigentum derselben 
und wurden vom Magistrate gegen gewisse Summen und 
unter der Bedingung, zu diesem Zwecke erlassene Verordnungen
	        
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