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genau zu beobachten, an Wirte und Wirtinnen auf ein bis
vier Jahre verpachtet. Doch nicht überall beschützte man
sie auf die vorhin angegebene Weise. An vielen Orten
waren die Dirnen, wenn auch „schöne Frauen“ (doch auch
„offene Frauen“) genannt, gehalten, besondere Kleidungstücke
oder Mützen von auffallender Form und Farbe zu tragen.
Zu ihren Kennzeichen gehörten auch Blumensträuße, deren
Überreichung einer Herausforderung gleich kam. Der Ein—
tritt in die Frauenhäuser war Verheirateten, Geistlichen und
Juden untersagt, an Sonn- und Festtagen jedoch meist
Jedermann, welche beide Vorschriften nicht immer strenge
eingehalten worden sein mögen. Wenigstens sah sich der
Rat von Nördlingen 1472 genötigt, den Geistlichen den
Besuch der Frauenhäuser bei Nacht zu verbieten und nur
am Tage zu gestatten. Ohne Scheu wurde in solchen
Häusern gezecht, gespielt und getanzt, und es kamen darin
Schlägereien und Mordthaten vor. Der Wirt (in England
tuffian) und sein Weib waren allgemein verachtet und vom
Stadtfrieden ausgeschlossen. In Würzburg mußte der Frauen—
wirt jährlich an St. Johanns Tag den Schultheißen und
dessen Büttel bewirten. Auch mußte derselbe einen Eid
leisten, „der Stadt treu und hold zu sein und Frauen zu
werben. ()“ Außer den privilegierten Frauenhäusern gab es
auch Winkelhäuser, welchen die amtliche Berechtigung fehlte.
Im Jahre 1492 beschwerten sich die privilegierten Dirnen
Nürnbergs beim Rate gegen ein solches, und 1508 erlaubte
ihnen derselbe, ein Winkelhaus zu stürmen, was auch richtig
geschah.
Während man diese Anstalten heutzutage kaum anders
als flüsternd, und gewiß nie in Gegenwart von Damen
nennen darf, waren sie damals ein Gegenstand der unge—
scheutesten Unterhaltung und ihr Besuch für Männer jedes
Alters und Standes etwas sich ganz von selbst Verstehendes.
Diese Auffassungsweise ging so weit, daß man ohne Scheu