Full text: Die Gebrechen und Sünden der Sittenpolizei aller Zeiten, vorzüglich der Gegenwart.

der Unzucht besuchten, sollte die Hand abgehauen und ihr 
Vermögen verkauft werden. Jedermann hatte das Recht, 
Inhaber schlechter Häuser mit dem Stocke zu züchtigen. Im 
Jahre 1507 wurde dort eine Ehebrecherin eingemauert und 
ihr nur zur Darreichung der Nahrung eine kleine Offnung 
gelassen; sie blieb da, bis sie starb. Die Blütezeit der 
Frauenhäuser war daher in jener Zeit, welche wir behandeln, 
bereits vorüber. Nicht wenig trug dazu die Sittenlosigkeit 
der Klöster bei, so daß während der Reformation die Nonnen 
mancher Klöster, z. B. ein Teil derjenigen des Clara-Klosters 
zu Nürnberg, nichts Eiligeres zu thun hatten, als die 
Frauenhäuser zu bevölkern. 
Luther verurteilte die Frauenhäuser unbedingt und scharf. 
In Ulm wurde das letzte Frauenhaus 1531, in Basel 1534, 
in Nürnberg 1562 geschlossen, und in letzterer Stadt ver— 
ordnete 1582 der Rat, daß ein Paar, das sich vor der 
Hochzeit vergangen, ohne Kranz und Schleier (auf dem 
Lande mit Strohkränzen) erscheinen mußte und keine Lust— 
barkeiten veranstalten durfte. In Frankfurt a. M. wurden 
seit 1566 die gemeinen Dirnen „geschwemmt.“ In England 
unterdrückte Heinrich VIII. die Frauenhäuser und versagte 
den Bewohnerinnen ein christliches Begräbnis. In Frank- 
reich hoben 1560 die Stände zu Orleans die Bordelle auf. 
Doch damit hatte das buhlerische Wesen überhaupt noch 
kein Ende. Die Dirnen zerstreuten sich nur, wo die Frauen- 
häuser aufhörten, und wurden desto gefährlicher. Vornehme 
Herren hielten ihre „Courtisanen,„, die oft zierlich gebildet 
waren, sich fein benahmen, luxuriös wohnten und mit Schmin- 
ken und allerlei Mitteln ihre Reize zu erhalten suchten, auch 
wohl ohne Bedenken das Bild der Madonna am Fenster 
stehen hatten. 
Manchen Ortes war aber das lüderliche Leben nicht 
auf die „lichten Fröwlin“ oder „guten Dirnen", wie man 
sie nannte, beschränkt. In Wien z. B. begnügte sich, wie
	        
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