Full text: Die Gebrechen und Sünden der Sittenpolizei aller Zeiten, vorzüglich der Gegenwart.

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schenkt und zum Handel oder einem Handwerke angehalten 
die Mädchen aber zur Heirat ausgestattet. 
Erst gegen das Ende des sechszehnten Jahrhunderts 
konnte die Aufhebung der Frauenhäuser als beendet ange— 
sehen werden. An die Stelle derselben traten außer den 
Findelhäusern Spitäler für Syphilis („Franzosenhäuser“). 
Die sittlichen Zustände wurden nicht besser durch das Ver— 
schwinden der Frauenhäuser; schlechter konnten sie ohnehin 
nicht werden. Eines aber wurde damals schlechter, nämlich 
das sittliche Leben der Höfe, namentlich des französischen, 
welcher zwar schon vorher nicht viel mehr als ein höheres 
Bordell war, aber in den drei nächsten Jahrhunderten durch 
diese Eigenschaft ganz Europa demoralisierte. Im sechszehnten 
Jahrhundert, als man in Frankreich die „Ketzer“ verbrannte 
und bekriegte, waren alle Gemächer und Geräte des könig— 
lichen Hofes mit schamlosen Bildern überdeckt und von den 
zuchtlosen Büchern Aretinos und anderer litterarischer Lumpen 
überschwemmt. Und selbst Damen verschlangen diese Lektüre 
voller Gier. 
Auch die Kleidung nahm im sechszehnten Jahrhundert 
einen so zuchtlosen Charakter an, daß der Wetteifer in 
moralischen Bestrebungen zwischen den Protestanten und den 
sich ihnen gegenüber teilweise wieder aufraffenden Katholiken 
späterhin das Extrem einer aus lauter Züchtigkeit häßlichen 
und geschmacklosen Tracht hervorrief. Jener Wetteifer hatte 
das Gute, daß der Bürgerstand den Höfen gegenüber längere 
Zeit hindurch ein sittlich erfreulicheres Bild darbot als früher 
Mit den Höfen wetteiferte dagegen in Zuchtlosigkeit ein Teil 
der Geistlichkeit, namentlich in Frankreich, wo man ungescheut 
Statistiken über das ihren Lüsten dienende Personal ver— 
öffentlichte. Das widernatürliche Laster verpflanzte der üppige 
Heinrich III. auch an den Hof, wo seine Mignons die Ent— 
rüstung ganz Frankreichs erregten. Es war die Zeit der 
nackten Prozessionen, mit Priestern an der Spitze, welche 
Dr. Otto Henne am Rhyn, Sittenpolizei. 5
	        
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