Full text: Die Gebrechen und Sünden der Sittenpolizei aller Zeiten, vorzüglich der Gegenwart.

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sehr streng verfolgt, und die Gerichtsdiener waren angewiesen, 
verdächtige Orte ohne weiteres zu durchsuchen und darin 
befindliche Personen gefangen zu nehmen. Bordellwirte 
wurden an den Pranger gestellt und auf ewig aus der 
Stadt verbannt. Auch im achtzehnten Jahrhundert dauerte 
diese Strenge fort und die Dirnen erlitten Kerker, Pranger 
und Auspeitschung. — In Wien wurde unter Maria Theresia 
zur Unterdrückung der Prostitution eine sogenannte Keusch- 
heitskommission errichtet, welche ihre Spione überall hatte 
und oft nachts in die Häuser eindrang, um die dem Sitten- 
gesetze Ungehorsamen zu ertappen, jedoch nach und nach der 
Bestechung unterlag und daher durch Kaiser Josef II. wieder 
aufgehoben wurde. Dagegen dauerte die Strenge gegen die 
Dirnen fort, deren die Kaiserstadt damals fünfzehntausend 
zählte. 
Wieder nach Italien, der Heimat der Cicisbei, zurück führt 
uns das barbarische Gegenteil der Prostitution — das 
Kastratentum. Man verschnitt dort nämlich die Knaben 
entweder teilweise, so daß sie zuchtlosen Frauen ohne Gefahr 
einer Empfängnis genügen konnten, oder ganz, damit sie 
eine hohe Singstimme behielten. Derlei Sänger wurden in 
vorgerückten Jahren fettleibig, blieben bartlos und hochstimmig 
und boten daher eine widerliche Erscheinung dar. Man 
machte ihrer im Kirchenstaate jährlich durchschnittlich vier- 
tausend (die natürlich nicht alle am Leben blieben und ihren 
Zweck erreichten!), bis Clemens XIV., der Herakles der 
Jesuitenhyder, dem Unfug Einhalt gebot. So wenig als 
die jesuitische, konnte jedoch der trefflichste der Päpste diese 
Pest ganz beseitigen, und sie wucherte noch lange fort; — 
ja es schämten sich Charlatane nicht, an den Straßenecken 
ihre Fertigkeitim Wegnehmen der männlichen Kraft anzupreisen! 
Seit dem Regierungsantritte Ludwigs XVI. verschwand 
in Frankreich und bald darauf auch überall in Europa das 
Maitressenwesen der Höfe. War auch während der Schreckens-
	        
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