Full text: Die Gebrechen und Sünden der Sittenpolizei aller Zeiten, vorzüglich der Gegenwart.

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seltenen Umständen,“) sittlicher sein, als eine doppelt, bürgerlich 
und kirchlich geschlossene Ehe, die den Gatten zur Pein wird 
oder zum frivolen Spiele dient, das man leichtfertig aufgiebt 
und anderwärts wieder aufs neue treibt. Solches Gebaren 
ist nicht besser als die wilde Ehe und nicht viel besser als 
die Prostitution. 
Und was ist nun Prostitution? Die Frage ist verschieden 
beantwortet worden. Wir zählen dazu jeden Geschlechts- 
verkehr ohne die redliche Absicht der Sorge für das Wohl 
der mitbeteiligten Person, jede vorübergehende, der Liebe 
und Treue entbehrende, die Folgen nicht berücksichtigende 
Befriedigung des Geschlechtstriebs. Findet dafür eine 
Bezahlung statt, so kann man dies Prostitution im engeren 
Sinne nennen. Findet eine solche nicht statt, so kann es 
oft streitig sein, ob die betreffende Handlung zur Prostitution 
gehört. Ja es kann vorkommen und kommt auch vor, daß 
die Handlungsweise des einen, und zwar des männlichen 
Teils, eine prostituierende ist, die des weiblichen Teils aber 
nicht; dies ist z. B. der Fall bei der Verführung, deren 
Urheber in schlechter, wissentlich trügerischer Absicht handelt, 
deren Opfer aber durch Versprechungen betrogen wird. Weiß 
das Weib, daß der Fehltritt zu keiner Sühne führt, so ist 
sie eine Prostituierte, mag sie dafür Geld oder Geldeswert 
annehmen oder nicht. Wir halten es für ein untrügliches 
Kennzeichen des sittlichen Wertes eines Mannes, ob er einer 
Verführung oder des Umgangs mit Prostituierten fähig ist oder 
nicht. Nur wer zu beiden unfähig und allein zu einem Umgange 
mit ehrlichen Absichten und in der Regel mit vorangegangener 
Eheschließung fähig ist, kann auf sittlichen Wert Anspruch 
erheben. 
Indessen darf jetzt, nach dem, was in dieser traurigen 
  
*) Wir denken dabei z. B. an Goethes Gewissensehe, während die- 
jenige Hamanns nur mißbilligt, diejenige Rousseaus aber vollends nur 
verabscheut werden kann.
	        
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