— 93 —
den oben erwähnten Vertrag nicht völlig halten konnte, im
Prozesse bis zum 9. December 1891, an welchem Tag das
Gericht von Brüssel jenen Kauf, als einen solchen von un—
moralischen Charakter für nichtig erklärte. —
Im Jahre 1881 bildete sich, im Angesichte obiger Skandale,
in Brüssel die Gesellschaft für öffentliche Sittlichkeit, deren
erster Präsident der berühmte Gelehrte Emile de Laveleye
wurde, und zu deren Mitgliedern ehrbare Männer aller
Parteien des Landes gehören.
Folgende weitere Vorfälle sind für die belgischen Zu-
stände auf dem Gebiete der Prostitution und der Sitten-
polizei charakteristisch:
Ein Agent der Sittenpolizei in Antwerpen machte 1883
der von ihrem Manne verlassenen und mit 7 Kindern ge-
segneten armen Frau Christine Bogaerts schamlose Anträge,
und da sie dieselben entrüstet zurückwies, zeigte er ihre Woh-
nung als einen Ort heimlicher Prostitution an, worauf sie
verhaftet, untersucht und als Prostituierte eingeschrieben wurde.
Nach einigen Tagen wiederholte er seine Anträge auf dem
Polizeibureau und versprach ihr, sie aus dem Register zu
streichen, wenn sie ihm zu willen wäre. Herr Harry Peters,
an den sich die Frau wandte, verlangte umsonst von der
Stadtbehörde Gerechtigkeit für sie und veröffentlichte die
Sache, worauf ihn der Agent als Verleumder anklagte. Das
Gericht, an welches die Sache darauf gelangte, erklärte die
Registrierung der Frau Bogaerts als „irrtümlich.“ Ob sie
darauf Genugthuung erhalten, ist nicht bekannt.
Vier kranke Prostituierte, welche man 1885 aus dem
Hospital St. Pierre in Brüssel nicht entlassen wollte, zer-
brachen aus Zorn einiges Geschirr und wurden dafür ins
Gefängnis gesteckt. Die Gesellschaft für öffentliche Sittlichkeit
nahm sich der Sache an, und der Advokat Lejeune zeichnete
scharf die Willkür der Behörden in der Behandlung jener
Personen und den Unfug in der Reglementierung dieser