V. Abschnitt.
Wundes- und Staatsangehörigkeit.
Vorbemerkung. I. Das durch Art. 3 der Verfassung ge-
schaffene gemeinsame Indigenat, die Bundesangehörigkeit, welche
in den Motiven des bezüglichen Gesetzentwurfs „als der Inbegriff der
durch die Verfassung und Gesetzgebung des Vundes begründeten Be-
ziehungen der Deutschen sowohl zum Bunde als auch zu den einzelnen
Bundesstaaten“ definirl wird, ist nicht wie z. B. das Unions-Bürger-
recht der vereinigten Staaten von Nordamerika ein unmittelbares,
selbstständiges Rechtsverhältniß, sondern hat ähnlich wie das
Schweizerische Bürgerrecht das kantonale Indigenat, die Angehörig-
keit in einem deutschen Einzelstaate zur Grundlage und Vor-
aussetzung. In Folge dessen fand die Erwerbung und der Verlust des
Bundesindigenats im norddeutschen Bunde nach den verschiedensten
Bestimmungen und Systemen statt. Um diesem Mißstande abzuhelfen
und zugleich den Uebergang von einem deutschen Staate in den an-
deren entsprechend zu regeln, wurde im Hinblick auf Art. 4 Nr. 1
der Verfassung das Gesetz über die Erwerbung und den Ver-
lust der Bundes= und Staatsangehörigkeit vom 1. Juni
1870 erlassen, welches am 1. Januar 1871 in sämmtlichen deutschen
Staaten mit Ausnahme Vayerns in Wirksamkeit getreten ist. Der
Entwurf dieses Gesetzes nebst Motiven ist in Nr. 11 der Anlagen zu
den Sienogr. Ver. des Reichslags 1870 S. 153 ff. abgedruckt; die
über den Entwurf gepflogenen Neichstagsverhandlungen finden sich in
den Stenogr. Ber. S. 81 ff. und S. 1076 ff. In Bayern gelangte
das in Rede stehende Gesetz durch das Gesetz vom 22. April 1871,
die Einführung norddentscher Gesetze in Bayern belrffd., mit der Wirk-
samkeit vom 13. Mai 1871 an zur Einführung; zugleich wurden bei