38 Grundzüge des Verfassungsrechts des deutschen Reichs.
den einzelnen Staaten geltenden Gesetze und Verordnungen insolange in Kraft
bleiben und auf dem bisherigen Wege der Einzelgesetzgebung abgeändert wer-
den lönnen, bis eine bindende Norm vom Vunde (Reiche) ausgegangen ist.“
IV. Es liegt in der Natur der Sache, daß die gesetzliche Rege-
lung des Neichshaushaltes und der hiemit sowie mit der Reichsver-
waltung“) überhaupt unmittelbar zusammenhängenden Fragen, dann die
Weiterbildung der Reichsverfassung, soferne es sich nicht etwa um Be-
seitigung oder Abänderung einzelstaatlicher Vorbehalte handelt, nur
dem Reiche zukommt.
Außerdem ist theils aus volkswirthschaftlichen, theils aus politi-
schen, namentlich in der Rücksicht auf die Landesvertheidigung ruhenden
Gründen dem Neiche ausschließend vorbehalten:
a. die Gesetzgebung über das gesammte Zollwesen, sowie über
die Maßregeln, welche in den Zollausschlüssen zur Sicherung der ge-
meinsamen Zollgrenze erforderlich sind (Art. 4 Ziff. 2 u. Art. 35 der Verf.),
b. die Gesetzgebung über die Besteuerung des im Bundesgebiete
gewonnenen Salzes und Tabacks, bereiteten Branntweins und Vieres
und aus Nüben oder anderen inländischen Erzeugnissen dargestellten
Zuckers und Syrups, dann über den gegenseitigen Schuß der in den
einzelnen Bundesstaaten erhobenen Verbrauchsabgaben gegen Hinter-
ziehungen; in Vayern, Würktlemberg und Baden bleibt jedoch die Be-
steuerung des inländischen Brannkweins und Bieres der Landes-
gesetzgebung vorbehalten (Art. 4 Ziff. 2 u. Art. 35 der Verf.);
c. die gesetzliche Regelung des Post= und Telegraphenwesens mit
Ausnahme der in Art. 52 zu Gunsten Bayerns und Württembergs
gemachten Vorbehalte (el. Art. 4 Ziff. 10 u. Art. 48—52 der Verf.);
4l. die Erlassung der auf die Kriegs-Marine und Schifffahrt be-
züglichen Gesetze (Ark. 4 Ziff. 7 u. 14, Art. 53 u. 54 der Verf.);
0. das Konsulalswesen (Arl. 4 Ziff. 7 u. Art. 56 der Verf.).
In dieser Hinsicht wurde jedoch in Ziff. XII des bayrischen Schluß-
prolokolls ausdrücklich anerkannt, daß den einzelnen Bundesstaaten das
Recht zustehe, auswärtige Konsuln zu empfangen und für ihr Gebiet
mit Exequatur zu versehen. Auch wird, da die Reichsverfassung offen-
bar nur die Konsulate im Auslande im Auge hat, nicht zu beanstan-
) Vergleiche hiezu: das Gesetz betreifend die Verwaltung der nach Maß-
gabe des Ges. vom 9. Nov. 1867 aufzunehmenden Bundesanleihe v. 19. Juni 1868.