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zu uns herüber gekommen ist. Leichter und bequemer ist es frei-
lich, am Staate zu verzweifeln und sich von ihm loszusagen, als
sich um dessen Reinigung und um die Bewahrung chhristlichen
Sinnes in ihm zu bemühen. Ist der Staat gegen die Kirche
ungerecht genug, von ihr und den von ihr zum Lehramte Er-
wählten dieselben Garantien zu verlangen, als von jedem unbe-
kannten, hergelaufenen Menschen, so ist dies zu bedauern und zu
bessern, aber der Preis unbedingter Lehrfreiheit ist selbst
für die gänzliche Unabhängigkeit der kirchlichen Schule
ein zu hoher, weil ein unsittlicher. Wir können daher so
wenig gegen das Prinzip der Staatsaufsicht im Allgemeinen, als
gegen die besonderen Folgerungen Etwas einwenden, welche die
österreichischen Grundrechte (§ 3), wie unsere Verfassung (6 19)
und die deutsche Verfassung (§& 152) aus diesem Prinzipe ziehen,
daß nämlich der Staat von denen, welche Unterrichtsanstalten
gründen, leiten und an ihnen Unterricht ertheilen wollen, den
Nachweis der Befähigung fordert. Wie mit dieser Forderung
und mit dem Oberaussichtsrecht des Staates die Unabhängigkeit
der kirchlichen Lehranstalten zu vereinbaren sein wird, ist Sache
des Unterrichtsgesetzes, im Widerspruche steht beides nicht.
Aus diesen hier angestellten Erörterungen ergiebt sich, daß
auch in Bezug auf die Stellung der Kirche zur Schule weder der
jetzige Rechtszustand in Preußen nachtheiliger ist als in irgend ei-
nem anderen deutschen Lande, noch daß die Verfassung die Kirche
in dieser Beziehung schlechter gestellt als andere neueste Verfassun-
gen, ja daß die von der frankfurter Versammlung gegebene in die-
sem Punkte durch den Drei-Königsentwurf wesentlich verbessert
worden ist. Es ergiebt sich ferner, daß anf dem frankfurter Par-
lamente nicht Preußen, nicht Norddeutschland verhältnißmäßig mehr
ungünstige Stimmen geliefert haben als Süddeutschland, ja daß
Preußen viel günstiger als Oesterreich und günstiger als Bayern
gestimmt hat.