Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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Deutsches Reich ohne Bayern wäre ein Torso gewesen; innerhalb 
seiner engeren Grenzen würden Württemberg, Baden und Hessen 
wahrscheinlich eine noch eximiertere Stellung beansprucht haben, 
als sie ihnen heute gewährt ist. Ohne die sofortige Aufrichtung 
des Reiches wäre überdies der Friedensschluß mit Frankreich im 
Namen des Reiches nicht möglich gewesen. Fürst Bismarck 
machte darum weitgehende Konzessionen und gab sich der Hoffnung 
hin, daß die Macht des nationalen Gedankens und die Bundes= 
treue der bayerischen Regierung ersetzen würden, was der Buch= 
stabe der Verträge vermissen ließ. Diese Hoffnung hat sich denn 
auch als eine durchaus berechtigte erwiesen; wie in allen An= 
gelegenheiten der inneren Politik, hat Bayern auch auf dem Ge= 
biete des Heerwesens und dem der äußeren Politik seine Pflichten 
gegen das Reich in loyalster Weise erfüllt. 
Am 5. Dezember 1870 führte der Präsident des Bundes= 
kanzleramts, Staatsminister Delbrück, zur Frage der Reservat= 
rechte das Nachstehende aus: 
„Es liegt in der Natur der Sache, daß der Beitritt größerer 
Staaten zum Bunde das föderative Element in der Bundes= 
verfassung notwendig verstärken mußte, und daß, wenn man 
überhaupt den Anschluß der süddeutschen Staaten wollte, es 
ohne Anerkennung der berechtigten Seite dieses Elements nicht 
geschehen konnte. 
Im einzelnen tritt dies zunächst bei einem der wichtigsten 
Punkte hervor, bei der Regelung des Bundeskriegswesens. Es 
kann auf diesem Gebiete — und es ist das auch schon in dem 
bestehenden Bundesverhältnis geschehen — es kann auf diesem 
Gebiet der Sonderstellung der einzelnen Staaten Rechnung ge= 
tragen werden und in ziemlich weitgehender Art, ohne das, 
worauf es ankommt, nämlich die Einheit des Bundesheeres zu 
gefährden. So ist es auch in den vorliegenden Verträgen ge= 
schehen. Die Grundlagen der Bundeskriegsverfassung: die all= 
gemeine Wehrpflicht ohne Stellvertretung, die Dauer der Wehr= 
pflicht in dem stehenden Heere, in der Reserve und in der 
Landwehr, die Bestimmung der Friedenspräsenzstärke — diese
	        
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