192 Die Sterreichisch-ungarische Moenarchie. (März 20.)
zollern! Abg. Kramarcz (Tsch.) erhebt Einspruch gegen die letzten Worte
der Rede Schönerers, wobei es zu lärmenden Auftritten zwischen den
Tschechen und Alldeutschen kommt. ·
Abg.Dk.v.Derfchatta(Dt.Vp.):DerAbgeordneteKramatfch
hat betont, die Ausführungen Schönerers hätten gezeigt, daß diejenigen,
welche die deutsche Staatssprache wünschen, daß diejenigen, welche ein
deutsches Oesterreich wollten, die Existenz dieses Reiches als eines selbstän-
digen Staates untergraben und daß ein Oesterreich mit der deutschen
Staatssprache neben einem großen und mächtigen Deutschland unmöglich
sei. Mit Verlaub! Ich glaube, wenn nicht die Gelegenheit so günstig
gewesen wäre, hätte auch Abg. Kramarsch diesen Satz nicht ausgesprochen.
(Sehr richtig! links.) In Europa und auf der Welt ist ha genug für
ein großes Deutsches Reich, an dem wir auch mit allen Fasern unseres
Herzens hängen, weil es das Reich unseres deutschen Volkes ist und weil
ein Oesterreich mit der deutschen Staatssprache neben Deutschland, beide
zusammen geführt von ihren glorreichen Herrscherhäusern, für jeden Deutsch-
nationalgesinnten das einzig Erstrebenswerte ist. Ein Bund der Deutschen
in Europa würde für die Welt ein Hort des Friedens, der Arbeit, des
Fortschritts und Erfolges bedeuten, wie wir ihn schöner nicht denken
können. (Lebhafter Beifall, Händeklatschen und Lärm.) "
Abg. Funke (Dt. Ftsch.): Wir alle wissen, daß eine deutsche Staats-
sprache im Interesse des großen Reiches gelegen ist und durch deren Ein-
führung die Rechte der anderen Völkerschaften nicht beeinträchtigt würden.
Wir sind deutsch und im Geiste verbündet mit unseren Brüdern im Reich.
Dieses Gefühl wird uns niemand nehmen, deshalb können wir trotzdem
treue Oesterreicher bleiben.
Abg. Kathrein (3.): Es sind heute hier Worte gefallen, die im
österreichischen Parlamente noch nie gehört wurden und deren Tendenz wir
nie hören sollten. Sie haben uns tief verletzt und unser patriotisches Ge-
fühl beleidigt. Im Namen aller Oesterreicher weise ich diese Worte mit
tiefster Entrüstung zurück (Beifall, Händeklatschen, Jwischenruse und Lärm
bei den Alldeutschen), nicht deshalb, meine Herren, weil hier ein Hoch aus-
gebracht wurde auf ein uns befreundetes Fürstenhaus, sondern weil wir
Oesterreicher alle treu und fest zu unserem Kaiser und zu Habsburg halten;
deshalb müssen wir uns tief gekränkt fühlen. (Beifall, Händeklatschen,
Lärm bei den Alldeutschen.) Ich erkläre, wir halten fest an unserem Kaiser-
bnun an Oesterreich. (Beifall, Händeklatschen, Lärm bei den All-
deutschen.
20. März. (Ungarn.) Der Finanzminister legt dem Ab-
geordnetenhause einen Gesetzentwurf über die Rentenkonversion vor.
Der Entwurf ermächtigt den Finanzminister, die Obligationen ver-
schiedener ungarischer Anleihen zu kündigen, und falls die Besitzer dieser
Obligationen einen niedrigeren Zinsfuß nicht annehmen, ihnen den Kapital-
wert der eingezogenen Schuldverschreibungen bar anzubieten. Die Anleihe-
kategorien, die gekündigt werden, sind die 4½prozentigen Regalobligationen
der Staatsbahnanleihe von 1888 in Gold und Silber und die öprozentige
Ostbahnanleihe und Eisenbahnanleihe von 1888, deren Stücke ab 1. Juli
1902 fällig werden. Die Kündigungsfrist der einzuziehenden Staatsschuld-
verschreibungen beträgt drei Monate. Die Rückzahlung erfolgt in derselben
Währung, in der bisher die Einlösung der verlosten Obligationen erfolgte.
Der Gesetzentwurf enthält gesonderte Bestimmungen für die Regalobli-
gationen der Städte und Gemeinden. Der Finanzminister wird ferner
ermächtigt, für die 1897 vorgesehenen Eisenbahn-Investitionen 4prozentige