Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Dritter Band. Zweite Abteilung. (3_2)

Geschichtlicher überblick. (§. 132.) 247 
Hollweg, wurde dagegen wiederholt die Erfüllung der Verheißung des Art. 26 der Ver- 
fassungsurkunde durch baldige Vorlegung eines das gesamte Unterrichtswesen regelnden 
Gesetzes zugesichert 1; doch ging er ab, ohne daß die von ihm in Aussicht gestellte Vor- 
legung des Gesetzes erfolgt wäre. Sein Nachfolger v. Mühler gab zunächst in der 
Kommission des Abgeordnetenhauses für das Unterrichtswesen die Erklärung ab, „daß es 
die Absicht der Staatsregierung sei, den bereits vollendeten Entwurf eines vollständigen 
Unterrichtsgesetzes in der Session des Jahres 1863 vorzulegen“. 2 Inzwischen war die 
Frage auch in dem Hause der Abgeordneten zur Verhandlung gekommen. Ein von der 
Kommission für das Unterrichtswesen erstatteter Bericht v. 20. Aug. 1862 3 über Peti- 
tionen behandelt grundsätzliche Fragen über das Volksschulwesen und die Bildung und 
persönlichen Verhältnisse der Lehrer sehr ausführlich. Zu einer Verhandlung und Be- 
schlußnahme über diesen Bericht im Plenum des Hauses kam es indessen nicht. Auch 
in der Sitzungsperiode von 1863 legte der Minister v. Mühler den verheißenen Gesetz- 
entwurf nicht vor, sondern gab nunmehr die Erklärung ab, „daß die Spannung, welche 
in Beziehung auf die allgemeinen politischen Fragen zwischen dem Ministerium und dem 
Abgeordnetenhause bestehe, es untunlich mache, mit einem so tiefgreifenden und umfassen- 
den Gesetze hervorzutreten, daß jedoch die Regierung das Bedürfnis und die Verpflichtung 
zu einer gesetzlichen Regelung der betreffenden Verhältnisse nach wie vor anerkenne und 
daß es ihr selbst nur erwünscht wäre, wenn die Verhältnisse eine solche Vorlage ver- 
statten würden“.“ Das Haus der Abgeordneten faßte hierauf in der Sitzung v. 24. März 
1863 auf Grund des Berichtes der Kommission für das Unterrichtswesen v. 11. März 
1863 den Beschluß, „daß der Erlaß des in Art. 26 der Verfassungsurkunde ver- 
heißenen Unterrichtsgesetzes mit jedem Jahre zum dringlicheren Bedürfnisse und zur un- 
abweislicheren Verpflichtung werde“; sie nahm zugleich eine Reihe von (24) Grundsätzen 
an, welche für die Ordnung des Volksschulwesens in diesem Gesetze als maßgebend zu 
betrachten seien.“* Die Staatsregierung nahm jedoch auf diese Beschlüsse keine Rück- 
sicht.“ Als aber am 6. April 1865 das Haus der Abgeordneten den Beschluß faßte, 
„die Staatsregierung aufzufordern, einen Gesetzentwurf, die Stellung der äußeren 
Verhältnisse der Volksschule, insbesondere die Lehrerbesoldungen betreffend sobald als 
möglich vorzulegen“ 8, ging der Minister v. Mühler auf die diesem Beschlusse zu- 
grunde liegende Auffassung ein, „daß ein nur die äußeren Verhältnisse der Schulen 
regelndes Gesetz sich sehr wohl von dem allgemeinen Unterrichtsgesetze abtrennen lasse 
  
1 Vgl. den Ber. der Komm. des A. H. für das 3 Vgl. die Zitate in der vorigen Note. 
Unterrichtswesen v. 21. April 1860 in den Druckf. 4 Vgl. die Erklär. in der Komm. des A. H. für 
des A. H. 1860, Bd. V, Nr. 189, S. 15 ff., und das Unterrichtswesen in dem Ber. v. 11. März 
in den Stenogr. Ber. 1860, Bd. IV, Nr. 119, 1863, Drucks. des A. H. 1863, Bd. II, Nr. 79, 
S.898—899,. den Ber. derselben Komm. v. 15. Mai## S. 3, und Stenogr. Ber. 1863, Bd. III, Nr. 66, 
1860, in den Drucks. des A. H. 1860, Bd. VI, S. 289, desgl. die Erklär. in der Sitz. des A. H. 
Nr. 216, und in den Stenogr. Ber. 1860, Bd. V, v. 23. März 1863 (Stenogr. Ber. 1863, Bd. II, 
Nr. 156, S. 1120—1121, die Erklär. des Min. S. 652—654). 
v. Bethmann Hollweg in der Sitz. des A. H. v. 21. Mai 5 Vgl. die Zitate in der vorigen Note und 
1860 (Stenogr. Ber. 1860, Bd. II, S. 1218), den Stenogr. Ber. des A. H. 1863, Bd. II, S. 644 
Ber. der Komm, des A. H. für das Unterrichtswesen —669 und S. 672—707. 
K 23. April 1861, in den Drucks. des A. H. 1861, 6 Vgl. auch die amtliche Schrift: Die Gesetz- 
Bd. V. Nr. 170, und in den Stenogr. Ber. 1861, ebung auf dem Gebiete des Unterrichtswesens in 
Ir. VI Nr. 156, S. 1186, und die Ertlär, des Proulson“ e 
Min. v. Bethmann Hollweg in der Sitz. des A. H. G.5 
v. 17. Mai 1861 (Stenogr. Ber. 1861, Bd. III, Die in der vorigen Note angef. Schrift be- 
S. 1310). — Der unter dem Min. v. Bethmann merkt hierüber S. 277: „Diesen Erklärungen 
Hollweg ausgearbeitete und auch im Staatsministe= (des A. H.) weitere Folge zu geben, sah sich die 
rium beratene „Entwurf eines Unterrichtsgesetzes“ Staatsregierung in richtig er Würdigung der 
(nebst Motiven) findet sich in der amtl. Schrift Sachlage nicht veranlaßt Hiermit scheint auf 
lber die Gesetzgeb. auf dem Gebiete des Unter- den damals bestehenden Verfassungskonflikt 
richtswesens usw., S. 201 ff. hingedeutet zu werden. 
2 Vgl. die Erklär. des Min. v. Mühler in dem 8 Vgl. Stenogr. Ber. des A. H. 1865, Bd. II, 
Ber. der Komm. v. 20. Aug. 1862, Drucks. des S. 1006—17 (Sitz. v. 6. April 1865) und den 
A. H. 1862, VII. Legisl. Per., 1. Session, Bd. IV. Ber. der Komm für das Unterrichtswesen v. 4. März 
Nr. 124, S. 4, und Stenogr. Ber. 1862, Bd.VII, 1865 (Stenogr. Ber. des A. H. 1865, Anl. Bd. V, 
Nr. 122, S. 1088. S. 649, Nr. 78, und Drucks. 1865, Nr. 90). 
 
	        
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