Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

Ortsgemeinden; bdas geltende Mecht. (8. 26.) 
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In den letzterwähnten Gebietsteilen muß mindestens die Hälfte der Stadtverordneten 
aus Hausbesitzern 1 (Eigentümern, Nießbrauchern und solchen, die ein erbliches Besitzrecht 
haben), in Kurhessen aus hochbesteuerten Ortsbürgern? bestehen." 
S. 26. 
3) Die Wahl der Stadtverordneten. 
a) Die Wahlfähigkeit.“ 
Die Stadtverordnetenversammlung geht überall aus Wahlen der Bürgerschaft 
hervor. 
Wahlberechtigt sind im Gebiete der Einwohnergemeinde alle, im Gebiete der 
Bürgergemeinde nur die stimmfähigen Vollbürger, ferner die Ehrenbürger? und in den 
östlichen Provinzen“ und Westfalen auch die stimmberechtigten Forensen und juristischen 
Personen. 
Die Ausübung des Wahlrechts ist durch die Aufnahme in die Wählerliste? bedingt. 
  
—. 
verordneten. Letztere kann natürlich abweichend 
von den Vorschriften des Ortsstatuts nur durch 
Abänderung dieses selbst festgestellt werden. 
Anders bei dem hier in Rede stehenden Fall: 
Die gesetzliche Basis für die Frage nach der 
Anzahl der Stadtverordneten bildet die Städte- 
ordnung, diese soll und kann durch die Ge- 
meinde gar nicht geändert werden. Es handelt 
sich nur darum, daß die Zahl der thatsächlich 
vorhandenen Stadtverordneten jederzeit der hier 
vorgeschriebenen Zahl entspricht. Sind infolge 
Vermehrung der Bevölkerung einmal weniger 
Stadtverordnete vorhanden, als nach der St. O. 
sein sollen, so müssen neue hinzugewählt werden. 
Darin liegt aber nicht wie im vorigen * 
eine Veränderung der vorgeschriebenen An- 
zahl, also eine Abänderung der gesetzlichen 
Vorschrift, sondern gerade eine Erfüllung 
der letzteren. Zur Ausführung gefetzlicher Vor- 
schriften ist aber der Magistrat allein ohne Zu- 
stimmung der Stadtverordnetenversammlung 
nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet. 
2) Beruft sich Leidig darauf, daß die Zahl 
der Mitglieder in anderen politischen Körper- 
schaften, die sich gleichfalls nach der Bevölke- 
rungszahl richten (Wahlges. f. d. Norddeutschen 
Bund v. 31. Mai 1869, §. 5; Reichsverf., Art. 
20; Pr. Verf. Urk., Art. 69), nur durch Ge- 
setz geändert werden könne. Auch hieraus folgt 
nichts für unsere Frage. Ist schon die an- 
standslose Ansdehnung dieser angeblich analogen 
Vorschriften auf das Gemeinderecht ausgeschlossen, 
so sehlt es auch hier an jeder Analogie. In 
den angezogenen Gesetzen ist die auf die einzel- 
nen Wahlkreise bezw. Bundesstaaten nach Maß- 
gabe ihrer Bevölkerung entfallende Anzahl Ab- 
geordneter in einer Ziffer (es kommen auf 
Preußen 235, Sachsen 23 u. s. w.) festgesetzt 
und dann bestimmt, daß letztere auch bei Ver- 
mehrung der Bevölkerung so lange bestehen 
bleibt, bis sie durch 
Dies ist an sich selbstverständlich, denn eine 
gesetzliche Vorschrift kann nur durch Gesetz ge- 
#ändert werden, es soll damit nur nochmals 
Gesetz geändert wird. 
  
klargestellt werden, daß die Vermehrung der 
Bevölkerung nicht ipso jure eine solche der 
Abgeordneten zur Folge hat, letztere vielmehr 
erst gesetzlich angeordnet werden muß. Ganz 
auders bei den St. Ordugn. Hier hat der Ge- 
setzgeber eine Skala aufgestellt, und jeder Ein- 
wohnerzahl entspricht eine bestimmte Anzahl von 
Gemeindevertretern, eine Vermehrung der ersteren 
zieht daher eine solche der letzteren ipso jure 
nach sich, und die Ergänzung derselben ist dann, 
wie bereits erwähnt, keine Gesetzesänderung 
sondern Gesetzese r füllung. Dieser Ansicht 
ist auch Ortel, S. 148, Anm. 3. · 
1 St. O. ö., wiesb., w., §. 16; rh., §. 15; 
frkf., §. 24; schlesw. holst., §. 35. Wo die 
Wahl nach dem Dreiklassensystem stattfindet, 
muß mindestens die Hälfte der von jeder Ab- 
teilung der stimmberechtigten Bürger gewählten 
Abgeordneten Hausbesitzer sein. — In Han- 
nover bleibt es der Bestimmung der Orts- 
statuten überlassen, ob ein Teil und welcher Teil 
der Bürgervorsteher aus der Mitte der haus- 
besitzenden bezw. der nicht hausbesitzenden Bürger 
zu erwählen sei. St. O. hann., §. 85, Abs. 4. 
: G. O. kurh., §. 39, Abs. 2. Über die hoch- 
besteuerten Ortsbürger siehe oben S. 93. 
s Auch in Sigmaringen ist der Bürgeraus- 
schuß mindestens zur Hälfte aus der höchstbe- 
steuerten Hälfte der Bürgerschaft zu wählen. 
G. O. sigm., §8. 2 ff. 
(Leidig, S. 72 ff.; v. Möller, St., §. 30; 
Steffenhagen, §. 43; Schmitz, §. 19; 
Grotefend, S§. 242. 
°* Da das Wahlrecht stets persönlich ausgeübt 
werden muß, sind Ehrenbürger nur dann wahl- 
berechtigt, wenn sie sich zur Zeit der Wahl in 
der Stadt aufhalten; wählbar aber nur dann, 
wenn sie in der Stadt einen Wohnsit haben. 
" Was für die östlichen Provinzen gilt, 
gilt bier wie im Folgenden, soweit nicht aus- 
drücklich etwas anderes bemerkt ist, auch für den 
Geltungsbereich der St. O. wiesb. 
7 Diese deckt sich in Städten mit nicht ge- 
schlossener Bürgerschaft mit der Bürgerliste.
	        
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