Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

110 Zweiter Abschnitt. (F. 26.) 
Die Prüfung der Wahlen steht der Stadtverordnetenversammlung zu. Sie beschließt 
über die Gültigkeit! derselben ex ofüci5 oder auf Einspruch.? Einsprüche gegen die 
Gültigkeit sind innerhalb zwei Wochen nach Bekanntmachung des Wahlergebnisses bei 
dem Stadtvorstande zu erheben.3 Berechtigt hierzu ist jeder stimmfähige Bürger“, gleich- 
gültig ob er sich selbst an der Wahl beteiligt hat, gleichgültig auch, ob er zu derselben 
Abteilung gehört, in welcher die anzufechtende Wahl stattgefunden hat; die Bürgerschaft 
ist es, aus deren Wahl die Stadtverordneten hervorgehen, nur der Vollziehung der Wahl 
wegen wird sie in drei Abteilungen geteilt, und jeder stimmfähige Bürger, der ja auch in 
jeder Abteilung gewählt werden kann, hat ein erhebliches Interesse daran, daß in jeder 
Abteilung die Wahlen ordnungsmäßig vollzogen werden. Gegen den Beschluß der Stadt- 
verordnetenversammlung steht dem Stadtvorstande, denjenigen, deren Rechte durch den 
Beschluß getroffen werden, also den Gewählten, und denjenigen stimmberechtigten Bürgern, 
deren Einspruch durch den Beschluß eine ablehnende Entscheidung gefunden hat“, die 
Klage bei dem Bezirksausschuß zu.] Dieselbe hat keine aufschiebende Wirkung, es gelten 
daher die von der Stadtverordnetenversammlung als Mitglieder zugelassenen Neu- 
gewählten bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Verwaltungsgerichtes als gültig ge- 
wählt, und die Beschlüsse, an welchen sie durch Abstimmung in dieser Zeit teilgenommen 
haben, 
erklärt wird. 
nicht vorgenommen werden. 
können nicht deshalb angefochten werden, weil ihre Wahl hinterher für nichtig 
Ersatzwahlen dürfen jedech vor ergangener rechtskräftiger Entscheidung 
Die bei den regelmäßigen Ergänzungswahlen im November neu gewählten Stadt- 
verordneten treten mit Anfang des nächsten Jahres, also am 1. Jan., ihre Verrichtungen 
an. Bei ihrer Einführung werden sie durch Handschlag an Eidesstatt verpflichtet s; bis 
dahin bleiben die ausscheidenden Mitglieder in Thätigkeit. #10 
  
1 Eine Wahl ist nicht nur dann ungültig, wenn 
das Wahlverfahren den gesetzlichen Vor- 
schriften nicht entsprach, sondern auch dann, wenn 
kein gesetzlicher Anlaß zu ihr vorlag; auch 
auf diese Behauptung kann der Einspruch und 
die spätere Klage sich stützen. Dieses hat neuer- 
dings auch das O. V. G., XIX, S. 139, aner- 
kannt und damit seiner Uteren Entscheidung in 
Bd. V. S. 91, welche das Gegenteil aussprach 
und die Entscheidung in solchen Fällen der 
Aufsichtsbehörde zuwies, jede Bedeutung ab- 
gesprochen. 
:* Zust. G., §§. 10, 11, 21. Das Recht der 
Stadtverordnetenversammlung, ohne Einspruch, 
ex offücio zu prüfen, folgt aus Zust. G., §. 10. 
„Die Gemeindevertretung beschließt: 
1) auf Beschwerden und Einsprüche (es folgt 
nun eine Reihe von Fällen, in denen die 
Stadtverordnetenversammlung nur auf 
Antrag thätig wird); 
2) Über die Gültigkeit der Wahlen zur Ge- 
meindevertretung.“ 
Bei Z. 2 ist also ein Antrag nicht notwendig. 
Vgl. O. V. G., XIV, S. 56. 
2 Damit bestimmt Zust. G., §. 10, Abs. 2, nur, 
wann die zweiwöchige Frist abläuft. Ein Ein- 
spruch, welcher vor der vorgeschriebenen Be- 
kanntmachung — natürlich aber nach Beendi- 
gung des Wahlaktes — erhoben wird, ist nicht 
verfrüht. sondern zulässig. O. BV. G., XXIV, 
S. 36; VIII, S. 119. 
« Nicht jedes Mitglied der Stadtgemeinde 
wie bei Aufstellung der Listen. St. O. 3., 
wiesb. u. w., §. 27, Abl. 2; rh., S. 26, Ibs. 2 
frkf., §. 36, Abs. 1; O. V. G., . S. 
XXVI, S. 25. 
* O. V. G., XVIII, S. 40. 
  
Nicht jedem siimmherrchtigten Bürger; vgl. 
oben S. 107, Anm. 8; O. V. G., XVII, S. 118. 
XX, S. 88. 
7: Die Klage ist nur gegen die Stadtverord- 
netenversammlung, nicht gegen den Magistrat 
gerichtet. O. V. G., XV, S. 22. Auch die 
Klage des Gewählten wider den auf Einspruch 
eines Dritten gegen die Gültigkeit seiner Wahl 
gefaßten, die Ungültigkeit derselben aussprechen- 
den Beschluß der Stadtverordnetenversammlung 
braucht nur gegen die letztere, nicht auch gegen 
den Dritten gerichtet zu sein, weil es sich aus- 
schließlich um ein öffentliches Interesse handelt, 
welches die Stadtvertretung wahrzunehmen hat. 
Derjenige, welcher den Einspruch erhoben hat, 
ist daher nicht als Mitbeklagter zu behandeln. 
O. V. G., , S. 56. 
s Die biniäcrun wird nach der St. O.rh. 
durch den Bürgermeister besorgt. In den an- 
deren St. Ordugn. heißt es nur: „Der Ma- 
gistrat hat die Einführung anzuordnen“; 
wer die Neugewählten einführen soll, ist nicht 
vorgeschrieben. Der Magistrat kann daher auch 
den zeitigen Stadtverordnetenvorsteher damit 
beauftragen. 
* Wird die Ergänzungswahl und damit auch 
die Einführung verzögert, so bleiben die gegen- 
wärtigen Mitglieder über den 1. Jan. hinaus 
bis zur thatsächlichen Einführung in Thätigkeit, 
selbst wenn dadurch die sechsjährige Amtsdauer 
überschritten würde, und zwar jedes Mitglied 
so lange, bis der für dieses gewählte Nachfolger 
eintritt, nicht nur bis zu einem etwa festge- 
setzten Einsuhrungets tag der übrigen Neuge- 
wählten. VI, S. 59. 
4% St. . 7* * u. w., §. 28; rh., §. 27; 
frkf., §. 37.
	        
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