114 Zweiter Abschnitt. (8. 27.)
8. 27.
4) Die Versammlungen der Stadtverordneten.1
I. Die Stadtverordneten sind niemals allein, sondern nur als Mitglieder der
Stadtverordnetenversammlung in ihrer Gesamtheit an der Kommunalverwaltung beteiligt.
Die Stadtverordnetenversammlung wird durch ihren Vorsteher? berufen, so oft es
die Geschäfte erfordern, so oft eine bestimmte Anzahl von Mitgliedern darauf anträgt?
oder in den östlichen Provinzen, Westfalen und Frankfurt a. M. der Magistrat
es verlangt. In den alten Provinzen können die Stadtverordneten die Festsetzung
regelmäßiger Sitzungstage beschließen, in Kurhessen müssen solche allmonatlich oder
vierteljährlich verabredet werden.“
Die Zusammenberufung hat stets unter Angabe der zur Verhandlung stehenden
Gegenstände und zeitig zu erfolgen, d. h. in den alten Provinzen, Schleswig-
Holstein und Frankfurt a. M. mit Ausnahme dringender Fälle mindestens zwei freie
Tage vor der Sitzung.
Die Art und Weise der Einberufung soll in den ebengenannten Rechtsgebieten die
Stadtverordnetenversammlung ein für allemal festsetzen; in Hannover ist das Umlaufs-
schreiben obligatorisch, und in den hessischen Gebietsteilen wird, mangels besonderer
Vorschrift, der Bürgermeister, welchem hier die Berufung obliegt, für eine zweckentsprechende
Form derselben zu sorgen haben.3
In den Städten mit kollegialischer Magistratsverfassung ist, sofern die Berufung der
Stadtverordnetenversammlung nicht durch den Bürgermeister erfolgt, auch der Magistrat
gleichzeitig mit den Stadtverordneten zu jeder Sitzung, unter Mitteilung der Tages-
ordnung, einzuladen.“
II. Die Sitzungen der Stadtverordneten sollen nicht in Schenken und Wirts-
häusern und in Schleswig-Holstein nur in dem dauernd dazu bestimmten Amtslokale
abgehalten werden.
Sie sind in der Regel öffentlich; jedoch kann die Offentlichkeit für
einzelne Gegenstände durch einen in geheimer Sitzung gefaßten Beschluß ausgeschlossen
werden.7
geschiedene Mitglied angehört hat. Die Amts-
dauer ist in den meisten Städten auf 10 oder
12 Jahre, in einigen (Gützkow und Richten-
berg) auf acht und (Tribsees) auf vier Jahre
bestimmt. Eine periodische teilweise Erneuerung
erwähnen nur die Rezesse von Richtenberg,
Tribsees und Lassau. In Wolgast wird das
bürgerschaftliche Kollegium auf neun Jahre ge-
wählt, ohne daß ihm selbst ein Vorschlagsrecht
zusteht. In Stralsund und Greifswald, deren
Rezesse v. 25. Okt. 1870 bezw. 27. Juni 1874
die größte Annäherung an die St. O. von 1853
erkennen lassen, wird die Bürgervertretung auf
sechs Jahre gewählt; alle zwei Jahre scheidet
ein Drittel der Mitglieder aus und wird durch
Neuwahlen ersetzt; die Wahl erfolgt mittels
Stimmzettel nach absoluter Stimmenmehrheit
und ohne Präsentation des bürgerschaftlichen
Kollegiums.
1 Leidig, S. 92 ff.; v. Möller, St., 88§.
37, 38; Steffenhagen, §. 52; Schmitz,
§. 19; Grotefend, FS. 244.
: In Sigmaringen vom Bürgermeister,
obgleich nicht dieser, sondern ein besonders ge-
wählter Obmann den Vorsitz führt. In He-
chingen kann der Obmann wie der Schultheiß
die Versammlung berufen.
* In Hannover müssen einen solchen Antrag
drei Stadtverordnete, in den alten Provinzen
und Frankfurt a. M. ein Viertel, in Schles-
wig-Holstein ein Drittel aller Mitglieder stellen.
* St. O. ö., wiesb. u. w., §§. 38, 39, 41;
rh., §§. 37, 39; frkf., §§. 49, 51; schlesw. “
holst., §. 54; hann., §§. 101, 105; G. O. kurh.,
§. 65, Abs. 1 u. 2 (die große Ausschußversamm-
lung muß stets besonders einberufen werden,
Har, sie gelten die regelmäßigen Sitzungstage
nicht).
5 St. O. ö., wiesb. u. w., §§. 40, 41; rb.,
88. 90, 40; frkf., §. 50, Abs. 2, Z. 1; schlesw.=
holst., §. 50, Abs. 2. In Schleswig-Holstein
muß die Einladung nebst allen Vorlagen gleich-
zeitig im Versammlungszimmer der Stadtver-
ordneten zu ihrer Einsicht ausgelegt werden.
Kann die Vorladungsfrist von zwei freien Tagen
nicht eingehalten werden, so muß hier auf die
Dringlichkeit des Falles besonders hingewiesen
werden. — Sind bestimmte Sitzungstage an-
gesetzt, so muß doch die Mitteilung der Tages-
ordnung an Stadtverordnete und Magistrat
zwei freie Tage vorher erfolgen.
St. O. ö., wiesb. u. w., F. 38; frkf., §. 49,
Abs. 1; schlesw.-holst., §. 54; hann., §. 105.
7 St. O. ö., wiesb. w., §. 45; rh., §s. 42;
frkf., §. 55; schlesw.-holst., §8. 54, 56; hann.,
88. 108, 110.