Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

Ortsgemeinden; das geltende Recht. (8. 33.) 131 
g. 33. 
5) Gemeinschaftliche Sitzungen des Magistrats und der Stadtverordneten- 
versammlung.1 
Die Städteordnungen für die alten Provinzen, Kurhessen? und Frank- 
furt a. M. kennen nur getrennte Versammlungen und Beschlußfassungen des Magistrats 
und der Stadtverordneten; jedes der beiden städtischen Kollegien tritt stets für sich allein 
in Thätigkeit. Zwar wird der Magistrat zu den Versammlungen der Stadtverordneten 
zugezogen, hierdurch aber keine gemeinschaftliche Versammlung beider Kollegien herbei- 
geführt. Beschlüsse faßt trotz Anwesenheit des Magistrats allein die Stadtverordneten- 
versammlung, der Magistrat hat kein Stimmrecht, er kann nur verlangen gehört zu 
werden. Anders in Schleswig-Holstein, Hannover und teilweise auch in Nassaus: 
I. In Schleswig-Holstein sollen gemeinschaftliche Beratungen und Beschluß- 
fassungen beider Kollegien die Regel bilden. Sie werden von dem Bürgermeister be- 
rufen" und verhandeln und beraten gemeinschaftlich unter seinem Vorsitz. Bei der Ab- 
stimmung votiert jedoch gesondert zuerst das Stadtverordneten= und dann das Magistrats- 
kollegium, jedes mit Stichentscheid seines Vorsitzenden. Das Ortsstatut kann die Art 
der Abstimmung anders regeln. Die Beschlüsse beider Kollegien werden im Sitzungs- 
protokoll, welches von einem Magistratsmitgliede oder einer anderen hiermit betrauten 
Persönlichkeit zu führen ist, beurkundet. Dieses wird in ein besonders dazu bestimmtes 
Buch eingetragen und nach vorgängiger Vorlesung und Genehmigung durch die Unter- 
schriften des Bürgermeisters, Stadtverordnetenvorstehers und Protokollführers vollzogen. 
Ist trotz wiederholter gemeinschaftlicher Beratung ein Kommunalbeschluß nicht zu er- 
reichen, so bleiben die zur Beschlußfassung gestellten Anträge, sofern das Gesetz nicht 
ausdrücklich etwas anderes bestimmt, auf sich beruhen.“ 
  
werden müsse, der den Geschäftsgang einer 
Behörde zu leiten und zu beaufsichtigen hat, 
der für den Gang der Dienstgeschäfte ver- 
antwortlich ist — und zwar gegenüber allen, 
die unter seiner Leitung und Aufsicht die Ge- 
schäfte führen. Diese Auffassung ist auch die 
aus dem Gesetz folgende. Die Instr. v. 25. Mai 
1835, welche nach Art. XII der Instr. v. 20. Juni 
1853 (B. M. Bl., S. 138) auch nach Erlaß der 
St. O. von 1853, soweit sie nicht Widersprüche 
mit bieser enthält, maßgebend sein soll, nennt 
den Bürgermeister den unmittelbaren Vorgesetzten 
der Mitglieder des Kollegiums, erklärt ibn für 
verpflichtet, dafür zu sorgen, daß die Mitglieder 
des Kollegiums ebenso wie die Unterbeamten 
ihren amtlichen Verpflichtungen genügen, und 
fügt dann hinzu: „Wenn Erinnerungen, Er- 
mahnungen und ernstliche Zurechtweisungen 
nicht fruchten (die er ihnen also erteilen kann), 
so muß er, wenn es die Mitglieder des Kol- 
legiums betrifft, der Regierung Anzeige machen.“ 
Auf dieser Grundlage sind die St. O. ö. und die 
anderen ihr nachgebildeten Gemeindegesetze er- 
angen. Auch nach der in diesen Gesetzen dem 
Hücgermeister angewiesenen Stellung ist derselbe 
der unmittelbare Dienstvorgesetzte der Magistrats- 
mitglieder, daher sind die Bestimmungen der 
Instr., welche sich auf diese Eigenschaft beziehen, 
noch beute maßgebend. Ferner finden nach 
#80 der St. O. ö. und ebenso nach den an- 
deren Gesetzen in betreff der Dienstvergehen der 
Bürgermeister, der Mitglieder des Vorstandes 
und der sonstigen Gemeindebeamten die darauf 
  
bezüglichen Gesetze Anwendung. Zu diesen gehört 
nach §. 20 des Zust. G. besonders das Disziplinar= 
gesetz v. 21. Juli 1852, welches in §. 18 be- 
stimmt: „Jeder Dienstvorgesetzte ist zu War- 
nungen und Verweisen gegen seine Untergebenen 
befugt.“ Dieser §. hat durxch die Bestimmungen 
des §. 20 des Zust. G. keine Anderung erlitten und 
ist daher für das Verhältnis des Bürgermeisters zu 
den Magistratsmitgliedern maßgebend. — Geld- 
strafen kann der Bürgermeister gegen Magistrats- 
mitglieder nicht verhängen; diese Befugnis müßte 
ibm nach §. 19 des Disziplinargesetzes durch be- 
sondere Gesetze beigelegt sein, was nicht gescheben 
ist. Vgl. auch G. O. kurh., §. 103, Abf. 3. 
1 Leidig, S. 124. 
: Vgl. jedoch zu II, Abs. 2 in diesem §. 
2 Betreffs der Hohenzollernschen Lande 
vgl. folgende Seite, Anm. 7. 
* Der Bürgermeister ist zur Berufung ver- 
pflichtet, wenn die Staktoswordnerenversamm. 
lung dieselbe verlangt, was ihr Vorsteher dem 
Bürgermeister schriftlich anzuzeigen bat. Die 
Einladung soll drei Tage vorber in der durch 
Ortsstatut oder Geschäftsordnung bestimmten 
Weise unter spezieller Angabe der zur Verhand- 
lung anstehenden Gegenstände erfolgen, und 
gleichzeitig ist die Einladung nebst Vorlagen im 
Versammlungszimmer der Stadtverordneten 
auszulegen. St. O. schlesw.-Holst., §. 50. 
* Beglaubigte Abschrift des Protokolls erhält 
der Stadtverordnetenvorsteher. St. O. schlesw.= 
holst., §. 51. 
" St. O. schlesw.--holst., S. 53. 
9 *
	        
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